Re: Wissenschaft + Bhagavad Gita

Krishna-Bewusstsein

Geschrieben von alex am 09. Mai 2005 11:56:

Als Antwort auf: Re: Wissenschaft + Bhagavad Gita geschrieben von Parivadi das am 05. Mai 2005 20:52:46:

Lieber Parivadi,
danke für Deinen Tipp, mal einen Tempel zu besuchen, jedoch kenne ich die Krishna-Bewegung schon seit 1989, habe zahlreiche Tempel besucht, Seminare gemacht etc. Bin also nicht jemand, der nur über das Internet informiert ist.
Habe auf Dein Anraten hin den "Bhakti-Yoga-Fernkurs" gelesen. Ok, da hat sich echt einiges getan. Meine Kritik dazu: diese Einteilung in verschieden Bhakti-Stufen und die Aufforderung, Geld an einen Tempel zu spenden für alle, die sich nicht an die Prinzipien halten können, erweckt den Eindruck, dass außerhalb der ISKCON-Bewegung keine spirituelles Weiterkommen möglich wäre. Was ist mit denen, die sich nicht in diese Hierarchie der Krishna-Bhakti (so könnte man das nämlich auch verstehen) einordnen wollen? Wollte Prabupada nicht die Einheit aller Religionen fördern, wollte er nicht mit dem Krishna-Bewusstsein auf den spirituellen Kern, der in allen offenbarten Schriften zu finden ist, hinweisen? Meine Beschäftigung mit dem Bhakti-Weg und mit dem Buddhismus hat mich vieles, was Jesus gesagt hat, besser verstehen lassen. Zum Beispiel, dass Eigenliebe und Nächstenliebe untrennbar miteinander verbunden sind. Wie sollte man seinen Nächsten lieben, wenn man sich selbst nicht leiden kann? - Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. - Dieser Satz ist eine der wichtigsten Offenbarungen. Und darin ist die Liebe zu Gott vollständig enthalten, denn Gott offenbart sich uns Menschen im Mitmenschen, Gott, oder Krishna, oder wie man auch immer den Ursprung aller Existenz nennen mag, ist doch als Überseele im Herzen eines Jeden anwesend, also ist Dienst am Nächsten immer auch Gottesdienst. Wer diesen Weg geht, braucht keine festes spirituelle Programm und keine bestimmte Anzahl Mantras zu singen. Ein Programm kann man ja auch befolgen, wenn es Freude bereitet und weiterhilft, das ist ein Weg von vielen. In der ISKCON wird ja auch viel von Liebe gesprochen. Immer wieder habe ich gehört und gelesen, dass wir Krishna lieben sollen. Aber es wird meines Erachtens oft übersehen, dass Liebe zu Krishna in erster Linie Liebe zum Nächsten, ja letztlich zu allen Lebewesen ist. Wer den Weg der Liebe geht, dem offenbart sich auch die Liebe Krishnas, meiner Erfahrung nach durch die Liebe anderer Menschen, tiefe Liebe, Freundschaft und Zuneigung, jenseits sexueller Anziehung. Dann spürt man plötzlich diese Extase, die Liebe Gottes, nach der viele suchen, ganz natürlich, im eigenen Herzen. Dieser Aspekt kommt mir bei der ISKCON zu kurz. Vieles scheint mir eher kontraproduktiv: das Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, Schuldgefühle und damit schlimmstenfalls auch Selbsthass werden (ohne, dass dies beabsichtigt wäre) gefördert, wenn der "Idealzustand" so weit entfernt scheint. Und dann wird´s echt schwierig, die Liebe zum Nächsten zu spüren, wenn´s an Eigenliebe mangelt. Ich weiß, viele Devotees empfinden das nicht so und sind voller Liebe für alle Lebewesen, da möchte ich Dich mit einschließen, gerade, wenn man sieht, welche große Mühe Du Dir machst, hier geduldig auf alle Fragen einzugehen.
Würde mich über eine Antwort freuen,
alex

>Lieber Alex,
>gerade wenn man sich hauptsächlich über das internet informiert, kann man kaum ein richtiges Bild der Hare-Krishna-Bewegung oder der ISKCON bekommen. Oft sind es einzelne krasse Aussagen oder Vorkommnisse, die im Bildzeitungs-Stil hochgespielt werden. Auf diese Weise wird heute alles niedergemacht, und die Menschen werden planmäßig verunsichert. Shrila Prabhupada kommentierte dazu einmal, dass es heute immer mehr Menschen gibt, die einfach an nichts mehr glauben können (eben aus dem Grund, dass alles immer und immer wieder relativiert wird). Dieses Relativieren führt zu einem schalen oberflächlichen Leben ohne Entschlossenheit; man wird dann ein leichtes Opfer flüchtiger Genusssucht, ohne jemals etwas wahrhaft schönes erfahren zu können.
>Wenn Du also wirklich mal sehen möchtest, was die Hare-Krishnas so sagen, dann ist es das beste, wenn Du einfach mal an einem Sonntagsfest etc. teilnimmst. Es gibt meines Wissens keine etablierte Gruppe in ISKCON, die einen gewissen Standard für alle Menschen durchsetzen möchte. Vielmehr herrscht das Verständnis vor, dass es zwar einen Idealzustand gibt, nämlich die Kontrolle der Sinne für den Dienst zu Shri Krishna, jedoch die Lebewesen stufenweise sich erheben können. Beispielsweise wurde schon vor vielen Jahren das Bhakti-Vriksha-Programm offiziell von ISKCON abgesegnet, wo jeder entsprechend seinem Lebensstil sich im hingebungsvollen Dienst betätigen kann. Das wäre bestimmt nicht geschehen, wenn engstirnige Führer am Werk gewesen wären.
>Bitte lies dazu einmal auf der Web-Site unter Philosophie die Beiträge "Bhakti-Yoga-Fernkurs"!
>Dein Diener
>Parivadi das
>
>>Lieber Parivadi,
>>es freut mich zu hören, dass ich mich mit meinen Ansichten im weitesten Sinne im Einklang mit dem vedischen Wissen befinde.
>>Leider gibt es innerhalb der ISKCON auch eine Strömung, die sich am besten als "fundamentalistisch" beschreiben lässt, der Du mit Sicherheit nicht angehörst. Diese Strömung will leider das beschriebene "Ideal" zum allgemeinen Standart erklären und verurteilt alle pauschal, die davon abweichen. Das sind dann Menschen, die der Tendenz verfallen, sich und andere für ihre Unfähigkeit zu verurteilen, leidtragend sind dabei oft Kinder oder junge Devotees, denen es selbst noch an genügend eigener Erfahrung fehlt, um ihre eigenen Standart für sich auszuloten. Es würde mich freuen, wenn Menschen mit Deiner Sicht in der ISKCON die Regel wären, dem ist meiner bisherigen Erfahrung nach nicht so, oder bin ich da nicht auf dem Laufenden?
>>Danke für Deine Bemühungen.
>>alex



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