Re: Verhältnis zur Hindu-Gemeinde ?
Geschrieben von Dhrstadyumna d. am 03. September 2005 08:04:
Als Antwort auf: Verhältnis zur Hindu-Gemeinde ? geschrieben von CPit am 01. September 2005 13:47:
Es kam die Frage von einem Gast (Pit), der bei unserem Tempel war: Warum werden die Unterschiede zwischen den Vaisnava-Gruppen betont und die Gemeinsamkeiten negiert?“
Zuvor hatte der Gast einen der Devotees hier gefragt, wie unsere Beziehung zu anderen Tempeln sei. Darauf bekam er die Antwort, dass wir uns kennen. Leider hinterließ diese Antwort das Gefühl beim Gast, dass sich die Devotees nicht mögen. Wenn wir von Liebe sprechen, uns aber unter einander nicht mögen, dann wird das mit Sicherheit ein verzerrtes Bild unsere Lebenseinstellung ergeben.
Ich habe eine persönliche Antwort an den fragenden Gast geschrieben, und möchte gerne diese Antwort hier etwas erweitern, um Ansichten und konstruktive Vorschläge seitens der geschätzten Vaisnavas zu hören. Was ist der optimale Umgang zwischen einzelnen Vaisnavas, zwischen Vaisnava-Missionen, was sind die Schwierigkeiten die sich ergeben und wie kann man sie überwinden? ...
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Vielen Dank für deine Fragen. Du hast da sehr wohl etwas bemerkt, was mit Sicherheit einiger Erläuterung benötigt. So wie Parivadi prabhu gesagt hat, gibt es grundsätzlich keine wesentlichen Unterschiede und auch keine Probleme zwischen der Hindu-Gemeinde oder genauer gesagt der Vrinda-Mission und der ISKCON. (Der Name Hindu-Gemeinde ist wegen der Öffentlichkeit gewählt. "Hinduismus" zählt zu den Weltreligionen und die Vaisnava-Traditionen werden mit Sicherheit von den meisten Menschen als Teil des Hinduismus betrachtet. Also Teil eine Weltreligion, nimmt etwas vom Sektenvorurteil weg. Die Menschen können sich dann etwas gelassener anhören, was man zu sagen hat)
Jetzt zur Frage.
Ich kann dir natürlich eine Erklärung von meinem Standpunkt aus geben. Jemand anderer würde wahrscheinlich etwas anderes sagen.
Das weist darauf hin, dass wir alle Individuen mit einer eigenen Meinung sind. Nun, im Rahmen einer Gruppe gibt es auch Gemeinsamkeiten. Solange diese nicht auf dogmatischen Glaubenssätzen gründen, ist das auch nur natürlich und wird von uns im Krischnabewusstsein als eine Manifestation des göttlichen Willens betrachtet. Wir sprechen also von Einheit in Vielfalt.
Gott ist die Ursache aller Ursachen, und somit ist alles was existiert, die ganze Vielfalt, nur Teil von Ihm, und wie gesagt, Teil Seines göttlichen Willens und Planes.
Die einzelnen Seelen leben bedingt im falschen Ego. Falsches Ego bedeutet ein getrenntes Interesse von Gott zu haben. Rassenzugehörigkeit, Geschlecht, Glaubensbekenntnis, Nationalität usw.; all das sind nur verschiedene
Umwandlungen des falschen Ich. Angriff- und Schutzmechanismen dieses Ich-Gefühls wären dann Nationalismus, Sektierertum, Rassismus usw.
Das wahre Wesen des Ich ist es, ein ewiger Diener Gottes zu sein. Wenn man sich darauf besinnt, dann gibt es keinen Grund sich von irgendjemand anderem auszugrenzen, da eine jede Seele ein Diener Gottes ist. Jesus Christus sprach darüber, als er auf die Frage nach dem Höchsten Gebot antwortete (Mt 22,37-38): „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Als bedingte Seelen sind wir sehr leicht dazu bereit Gott zu verneinen und andere Lebewesen entsprechend dem Maß, wie sie unseren egoistischen Interessen dienlich sind, zu bewerten. So erleben wir eine Welt der Sympathie, Antipathie und Gleichgültigkeit unter den Lebwesen. Von Liebe kann da keine Rede sein. Wir müssen das Lieben zuerst wieder erlernen. Dazu müssen wir in unser wahres seelisches Bewusstsein erhoben werden, denn auf sinnlicher Ebene oder auf emotionaler Ebene, auf denen wir Kontakt mit unseren Nächsten haben, kann man nicht von Liebe, sondern von Lust und Diplomatie sprechen. Die Fähigkeit zu lieben ist in uns ewiglich veranlagt, da sie jedoch von egoistischen Vorstellungen und materialistischen Wünschen bedeckt ist, muss sie zuerst wieder erweckt werden. Das Hören und Singen der Lobpreisungen Gottes ist das geeignete Mittel, um diese Liebe zu erwecken. Hören und Singen sind zwei grundlegende Vorgänge des Bhakti-Yoga.
Die Läuterung des Bewusstseins einer bedingten Seele findet nicht in einem Augenblick statt, sondern zieht sich mehr oder weniger durch viele Leben hindurch. So kann es sein, dass sich eine Seele durchwegs auf dem Pfad zu Gott befindet, doch trotzdem Fehler begeht, die Aufgrund der bedingten Natur immer wieder auftreten. So betrachtet, sind alle Unvollkommenheiten, die man zusammen mit dem Krischnabewusstsein findet, im Normalfall nur Bedingtheiten der Seelen aus ihren vorherigen Erlebnissen und sie haben nicht mit Krischnabewusstsein an sich zu tun.
Das reine Krischnabewusstsein ist in absoluter Harmonie. Das bedeutet nicht, dass es darin keine Gegensätze und keine Vielfalt an Regungen gibt. Diese Gegensätze und die Vielfalt sind Teil des vollständigen Ganzen und sie bestimmen das göttliche Spiel im „Alltag“ der spirituellen Welt. Gerade diese Merkmale der Vielfalt und der Gegensätze machen den Unterschied aus zwischen den spirituellen Planeten und dem unpersönlichen regungslosen Zustand der Erkenntnis der Ewigkeit. In diesem Reich der reinen Hingabe ist alles dafür da, damit die liebevolle Hingabe der Seelen zu Gott anwachsen kann. Egal ob Streit oder liebe Worte, auf dieser absoluten Ebene hat beides die gleiche Folge: Entfaltung der liebevollen Beziehungen zwischen den Lebewesen und Gott. Dieses Reich der reinen Hingabe wird spirituelle Welt oder Vaikuntha genannt.
Wir befinden uns hier in der materiellen Welt, die als eine Reflexion der spirituellen Welt bezeichnet wird. Von daher bedeuten Gegensätze für uns, dass jemand meinen Interessen entgegensteht. In dieser Welt sind wir von Lust, Frust, Gier, Zorn, Neid, Eifersucht uvm. bedingt und im Umgang mit den anderen Lebwesen und mit der Umwelt, entwickeln wir politische Systeme, soziale Strukturen, wirtschaftliche Pläne und alles was zu diese Welt sonst noch gehört, um unsere Interessen zu beschützen und zu erweitern.
So wie es zwischen einzelnen bedingten Seelen passiert, dass diese genannten negativen Erscheinungen ihre Beziehung zu einander stören, so kann es auch passieren, dass diese gleichen Erscheinungen auf die Ebene einer Gruppenzugehörigkeit, manchmal sogar auch Gruppenzugehörigkeit im Krischnabewusstsein ihren Einfluss finden. Trotzdem sind das, und bleiben es, nur persönliche Schwächen eines jeden. Ob ich mich als Mitglied einer Mission/Gruppe besser fühle als jemand anderer, oder ob ich mich beleidigt fühle von jemanden, das ist mein eigenes Problem des Ego. Dieser Resteinfluss weltlicher Überlegungen und Charakterzüge im Leben eines Anwärters auf ein Leben als Vaisnava sind Merkmal so genannter materialistischer Gottgeweihter oder kanistha-adhikaris.
Aus der Bedingtheit heraus und aus der Unreife und Unkenntnis darüber, wie man mit anderen Vaisnavas umzugehen hat, passiert es manchmal, dass sich ganze politische Kampagnen ergeben, und dass viele andere Seelen in diesen Klatsch und Tratsch hineingeworfen werden. Das ist wiederum das Problem der einzelnen Beteiligten, weil das ihr Sicksal so vorhergesehen hat. Das sind Prüfungen, die sie selbst bestehen müssen, um näher an die göttliche Wahrheit und Harmonie heran zu kommen. Wir nähern uns der göttlichen Wahrheit nur Schritt für Schritt und so müssen wir eine Prüfung nach der anderen überwinden.
Die Großzügigkeit des Krischnabewusstsein, Gottes und seiner Gesandten, besteht darin, dass alle die gleiche Chance haben die Bedingtheiten des Ego zu überwinden, vorausgesetzt, dass sie bereit sind die Fehler bei sich zu suchen und zu erkennen, und den empfohlen Vorgang der Läuterung (das Hören und Singen der Namen und Herrlichen Gottes) zu folgen.
Etwas schwerwiegendere Probleme können entstehen, wenn man den anderen den Segen Gottes und Seine Geduld aberkennen möchte. In anderen Worten, wenn man meint, dass man nur selbst oder die Mission/Gruppe der man angehört den Segen Gottes verdient bzw. bekommen hat. „Wir sind die einzige autoritative Mission. Die anderen sind Betrüger. Sie folgen nicht genau den Idealen unserer Nachfolgelinie. Sie haben sich entfernt. Usw.“ Im Grunde genommen sind das Argumente von Typ: Mein Fußballverein ist der beste Fußballverein, weil ich sein Fan bin. Das ist wiederum nichts anderes als ein Zeichen des falschen Egos.
Diese Rangeleien zwischen den einzelnen falschen Egos und den Gruppen, die von diesem Einfluss betroffen sind, können manchmal wirklich unangenehme Züge annehmen, dass es empfehlenswerter ist auf Distanz von einander zu gehen. Schlussendlich können diese Probleme des Ego nur durch Demut und das vertiefte Gebet und die Hinwendung an den Heiligen Namen Gottes und den Dienst zu einem echten geistigen Meister überwunden werden. Um die Aufmerksamkeit auf diese Verinnerlichung zu richten, und um die Störungen im eigenen Geist nicht herauszufordern, kann Distanznehmen von bestimmten Kontakten ein gutes Mittel sein.
Manchmal geben geistige Meister dem Schüler den Rat, sich von einer Gruppe fern zu halten; sei es um den Schüler vor Verwirrung zu schützen, seinem Vertrauen Raum zur Entfaltung zu geben, oder um ihn in seinem Dienst zu festigen. Manchmal rät auch der geistige Meister den Schüler von bestimmten Vaisnavas und Gruppen fernzubleiben, damit der Schüler keine Vergehen gegen Vaisnavas macht, deren Verhalten er nicht verstehen kann. Wir kennen diese Anweisung von Srila Bhaktissidhanta Saraswati Thakura, der seinen Schülern empfohlen hat nicht zu nahe an Siddha Vamsi dasa Babaji heranzutreten, da sie in seinen äußeren Handlungen Fehler vermuten würden, und sie dadurch Vergehen machen könnten. Ein anderes Beispiel kommt aus der Anweisung von Sri Caitanya Mahaprabhu an Jagadananda Pandit. Jagadananda Pandit hatten den Wunsch nach Vrindavana zu gehen und Sri Caitanya Mahaprabhu erlaubte ihm erst nach dem Zusprechen von Svarupa Damodara und den anderen Vaisnavas. Alle Vaisnavas waren nämlich schon in Vrindavana gewesen, nur Jagadananda nicht. So erlaubte ihm Mahaprabhu zu gehen, doch gleichzeitig gab er auch die folgende Unterweisung: „Gehe hin und bleibe in der Gemeinschaft von Sanatana (Goswami). Verlasse seine Gemeinschaft nicht und mische dich nicht unter die Vraja-Vasis (Einwohner von Vrindavana). Sie verehren Krsna auf einer höheren Ebene als du. Du könntest in ihrem Benehmen Fehler sehen und so vergehen machen.“ Unsere Vaisnava Offenbarung ist voll von scheinbaren Widersprüchen. Zum einen heißt es, dass die Einwohner von Vrindavana die verehrungswürdigsten Gottgeweihten sind, und dass man ohne den Segen des Staubes von ihren Lotosfüßen Liebe zu Krsna nicht entwickeln kann, doch gleichzeitig hören wir hier eine Anweisung, dass man keinen engen Umgang mit ihnen haben sollte. Wer sind wir im Vergleich zu Jagadanda Pandit, und doch war dieser Ratschlag an ihn gerichtet. Srila Sanatana Goswami ist unser sambhanda-jnana Acarya, Autorität auf dem Gebiet des Wissens um die Beziehungen und die Stellungen im hingebunsvollen Dienst. Unser einweihender Meister sollte uns dieses sambhanda-jnana vermitteln können, denn das stellt die Grundlage für spirituellen Fortschritt da. Wir sollten uns nicht von ihm entfernen, um all die Geheimnisse des hingebungsvollen Lebens und der Vaisnava-Offenbarungen selbst zu erkunden. So wie es an der Zeit ist, werden wir weitere Unterweisungen bezüglich des praktischen Verhaltens (abhideya) bekommen und so tiefer und tiefer in die Realität hineingeführt werden. Das kommt, wenn die Zeit dafür reif ist. Die Grundlage ist und bleibt Vertrauen und Dienst zum geistigen Meister. Wenn uns der Guru sagt, dass wir jeden Tag Teller abwaschen und hart arbeiten sollen, dann können wir nichts daraus gewinnen, wenn wir diesen Dienst aufgeben und zu einem anderen Guru oder zu einer anderen Mission gehen, um dort von Morgens von Abends Vrindavana-Lila zu hören. Das passiert manchmal, dass man aus Gemütlichkeit oder aus Verlockung über höhere Themen des hingebungsvollen Lebens zu hören, den praktischen Dienst stehen lässt. Wenn wir die vernünftige Erklärung des Guru nicht verstehen können, dann wir der Guru vielleicht sogar einen Trick anwenden, und die anderen Vaisnavas mit negativen Worten nennen, um so den Fallen unseres Egos entgegen zu wirken. Das sind einfach psychologische Tricks, die der Guru anwendet – wird auch transzendentaler Betrug genannt.
Ausgrenzung gegenüber den Vaisnavas kann niemals eine absolute Anweisung sein. So wie der Schüler Fortschritt gemacht hat, kann es passieren, dass ihm der geistige Meister gerade dort hinschickt, wo er davor nicht hingehen hat dürfen. In der Mathematik lernt man auch zuerst die Ziffern 0,1,2,3 usw. und man wird nicht sofort mit Brüchen usw. belastet. So wie man aber dazu lernt, kommen immer neue Aspekte des Wissens hinzu, die manchmal sogar im Widerspruch zu davor gelernten stehen können. Das sehen wir auch am Beispiel der Bhagavad Gita. Krsna fordert Arjuna zuerst dazu auf die Pflicht als Krieger zu erfüllen. Dann sagt Er ihm, dass er alle Pflichten aufgeben soll, und sich einzig und allein Ihm hingeben soll.
Es gibt verschiedene Anweisungen für verschiedene Lebewesen und so gibt es auch verschiedene Gemeinschaften in denen bestimmte Lebewesen den Anweisungen des geistigen Meisters folgen. Der geistige Meister ist Experte darin unter seinen Schülern die Anweisungen so zu machen, dass jeder von ihnen gesund im Krischnabewusstsein wächst. Durch all diese Anweisungen und durch all die Missionen ausgehend von Sri Caitanya Mahaprabhu, auch durch all die anderen Vaisnava Traditionen, ja durch all die vedischen Unterweisungen, den jnana-kanda. den karma-kanda, Tantra zieht sich ein Faden durch, der uns, gefallen Seelen, mit dem höchsten Ziel, Gott, verbindet.
So lässt sich die Distanz, die manchmal zwischen Missionen zu sehen ist, erklären. Diese Distanz ist gut und notwendig und stellt in der Sicht eines einsichtigen Vaisnavas in keiner Weise die Gemeinsamkeiten in den Hintergrund.
Ein anderer Aspekt von Distanz zwischen Vaisnavas und Missionen, beruht auf Machtinteressen einzelner bedingter Seelen, die Umstände schaffen, um sich ihre egoistischen Interessen zu erfüllen. Solche Motive sind leider auch sehr oft im Kali-yuga anzutreffen.
Während die Distanz, die von einem echten geistigen Meister empfohlen wurde und/oder von Krsna gewollt ist, den großen Segen mit sich bringt, bringt die aus egoistischen Motiven der Vertrauenspersonen aufgetragene Distanz eine große Gefahr. Gerade die Distanz, die aus solchen niederen Beweggründen entsteht, kann sehr leicht an bestimmten Symptomen des Umgangs mit anderen, wie z.B. Sektierertum, Unterstellungen und allen anderen Arten von Verhalten, das nicht der noblen Vaisnava-Etiquette entsprich erkannt werden. So eine Distanz kann weder anhand der Schriften, noch anhand der Lehren und der vorangegangen Autoritäten festgehalten werden. In einer dogmatischen Haltung kann man sich natürlich sehr leicht selbst davon überzeugen, dass man das Richtige tut, doch früher oder später, falls uns Krsna gütig gesinnt ist, werden wir die Möglichkeit bekommen wahres Krischnabewusstsein von Heuchelei und von Ego-Motiven zu unterscheiden. Dann muss man sich eindeutig gegen die Lüge und für das wahre Verständnis des Krischnabewusstseins stellen. Die Schritte dort hin sind eben viele und die Gefahr ist groß, dass man immer wieder von alten Gedanken- und Verhaltensmustern, die festgefroren in unser Umfeld (Institutionsstrukturen) liegen können, eingeholt wird. Der Wandel muss tief aus dem Herzen kommen, indem diese tieferen Ebenen des Herzens vom Segen wohlwollender Vaisnavas berührt werden und dieser Impuls unser ganzes Wesen verwandelt und uns im Dienste zu Sri Sri Guru und Gauranga festigt. Entscheidend dabei ist das Vertrauen, und das ist etwas, was wir nicht auf Knopfdruck produzieren können.
Die Welt der Illusion hat den Anwärtern auf ein Vaisnava-Leben viele Prüfungen und Fallen bereitgestellt. So wie eine individuelle Seele durch den Segen des Heiligen Namen und des geistigen Meisters Fortschritt im Krischnabewusstsein macht, so erkennt sie die harmonischen Zusammenhänge hinter all den Differenzen und all der Vielfalt. Dann erst öffnet sich die Möglichkeit den Segen der Vaisnavas zu empfangen. Der Segen der Vaisnavas ist es ihnen Dienst darbringen zu dürfen. Srila Rupa Goswami hat die ganze Philosophie des Krischnabewusstseins auf drei westliche Punkte zusammengefasst: Mitleid mit der Seele zu haben (zuerst mit der Eigenen), Geschmack am Heiligen Namen zu finden und den Vaisnavas zu dienen. Hier ist keine Rede von Missionen oder Institutionen. Diese sind Mittel zum Zweck und der geistige Meister etabliert sie, um den gefallenen Seelen ein Feld für selbstlosen Dienst zu stellen. Als es zu Zeiten von Srila Bhaktisiddhanta Saraswati Thakura zu Unstimmigkeiten in Verwaltungsahngelegenheiten kam, sagte er, dass er bereit wäre, falls die Unstimmigkeiten nicht aufhören wurden, allen Marmor (sprich all die Tempel) zu verkaufen, um Bücher zur Lobpreisung des Heiligen Namen Krsnas zu drucken. Er war also bereit die Institution aufzulösen. Srila Gaura Kisora Dasa Babaji und viele andere großen Vaisnavas hatten nie eine Institution.
Das soll nicht heißen, dass die Institution für uns keine Bedeutung hat. Wie schon gesagt, sie ist das Feld unserer selbstlosen Tätigkeiten.
Die Zugehörigkeit zu einer Mission sollte jedoch kein Hindernis sein anderen Vaisnavas begegnen zu können. Wie „dünn“ wäre das das Caitanya Caritamrta ausgefallen, wenn die Vaisnavas darin diesem Prinzip gefolgt wären?
Mittlerweile gibt es im Westen viele verschiedene Missionen. Ob sie das wollen oder nicht, sie stehen in Beziehung zu einander bzw. werden immer in Kontakt zu einander gebracht – wie zum Beispiel durch diese Frage, die hier gestellt wurde. Ob nun ihre Beziehungen in Srila AC Bhaktivedanta Swami oder Srila Bhaktisiddhanta Saraswati Thakura gemeinsame Wurzeln haben, spielt nicht so sehr eine Rolle. Tatsache ist, dass die Beziehungen da sind, und dass sie jeweils von verschiedenem Wesen sind. Manche sind eher von konstruktivem Charakter, manche habe einen negativen Charakter und manche sind neutral. Es liegt im Ermessen eines jeden einzelnen Individuums, wie es seine Beziehung zum eigenen Dienst und zum geistigen Meister lebt, wie es seine Beziehung zur umgebenden Welt lebt und wie es seine Beziehung zu breiteren Gemeinschaft der Gottgeweihten lebt. Tatsache ist jedoch, dass wir die Botschaft der universellen Liebe predigen. Universelle Liebe schließt niemanden aus. Wenn dann unser tatsächliches Verhalten untereinander von Misstrauen, Miesmacherei und anderen negativen Erscheinungen gekennzeichnet ist, dann hat unser Predigen nicht viel mit dem zu tun, was wir leben. Friedich Rückert hat in der Weisheit des Brahmanen schön gesagt: „Das Wesen dieser Welt ist schlecht von anderen denken, wer jedoch Gott vertraut, kann allen Zutrau schenken.“ Wenn sich unsere Predigt vom Verhalten unterscheidet, dann sind wir keine guten Vertreter der universellen Liebe Sri Caitanya Mahaprabhus. Die allgemeine Öffentlichkeit hat nicht viel Wertschätzung für Leute die Wasser predigen und Wein trinken. Hinzu kommt noch, dass ernsthaft Interessierte Seelen am Krischnabewusstsein dadurch verwirrt werden können. Es geschah sehr oft und geschieht noch immer, dass manche Seelen nach vielen Jahren im Krischnabewusstsein ihr Vertrauen verloren und fort gingen. Das ist zwar ihr Schicksal, doch trotzdem sollte sich jeder aufrichtige Repräsentant der Botschaft Sri Caitanya Mahaprabhus Mühe geben, durch sein Verhalten und Beispiel alle zu ermuntern dran zu bleiben und diesen schweren Pfad der Überwindung der Bedingtheit weiter zu folgen. Um all die möglichen Schwierigkeiten, die im Rahmen der Missionstätigkeiten der Vaisnavas entstehen können, zu begegnen, und um das wahre Verständnis von Einheit in Vielfalt zu behüten, wurde die Visva Vaisnava Raja Sabha (World Vaisnava Association) auf Anweisung von Srila Rupa Goswami von Srila Jiva Goswami gegründet und vor kurzem, nachdem große Vaisnavas wie Srila Visvanatha Cakravarti Thakura, Srila Bhaktivionda Thakura und Srila Bhaktisiddhanta Saraswati den Vorstand hatten, unter der Leitung von Srila Bhakti Pramode Puri Maharaja und unter dem Beisein vieler weiterer Mitglieder aus verschiedenen Missionen wieder belebt wurde.
Diese Idee einer Plattform, auf der man über alle Schwierigkeiten bezüglich des Miteinander und des respektvollen Nebeneinander sprechen kann, ist noch nicht zu allen Vorgedrungen, bzw. wird von vielen voreilig und aufgrund des Unverständnisses dieser Idee, abgelehnt. Ganz entgegen dem Eindruck von Pit, dass die Vaisnavas ihre Gemeinsamkeiten negieren, verlief das europäische Treffen der World Vaisnava Association im Radha Govinda Mandir in Wien (ende Juli) im Zeichen der Gemeinsamkeiten und der Wertschätzung für einander. Dort waren Mitglieder aus verschiedenen Vaisnava Missionen versammelt. Ein Bericht über das Treffen kann auf der Newshomepage der WVA unter vina.cc gelesen werden. Die genannte Homepage bietet allen Vaisnavas die Möglichkeit über Neuigkeiten und ihre Aktivitäten und Anstrengungen im Dienste von Sri Sri Guru und Gauranga zu berichten, um auf diese Weise eine Quelle von Ermutigung für andere Vaisnavas in ihrem Dienst zu sein, oder auch die Quelle von Ideen, wie man der Mission von Sri Caitanya Mahaprabhu besser dienen kann. Menschen die zu Neid neigen fühlen sich in so einem Umfeld der gegenseitigen Wertschätzung nicht wohl. Es ist eine berühmte Tatsache, dass man sehr leicht davon überzeugt sein kann, der beste, aufrichtigste und demütigste Gottgeweihte zu sein, solange man alleine irgendwo im Wald lebt. Wenn man aber in einen Asram zieht, dann werden all unsere Qualitäten auf Probe gestellt. So ist es auch mit dieser Welt Vaisnava Gemeinschaft. Erst an den Beziehungen mit anderen Vaisnavas sieht man, wie weit man ist; wie sehr man noch davon überzeugt ist, der einzigen wahren Mission anzugehören usw. Ich spreche hier von ganz individuellen Betrachtungen, in großer Hoffnung und demütig bittend, dass sich ein jeder nüchterne und ernsthafte Vaisnava mit dieser Idee der WVA auseinandersetzen möge. Ganz einfache Grundsätze der gegenseitigen Wertschätzung können alle Schwierigkeiten, die jetzt noch bestehen, in Luft auflösen. Um jedoch gegenseitige Wertschätzung zu bekommen, muss man aufeinander zu kommen. Ein Dialog anfangen, um zu erkennen, dass es dem anderen um nichts anderes geht, als mir selbst; nämlich Sri Sri Guru und Gauranga zufrieden zu stellen. Diplomatische Toleranz, oberflächliche Wertschätzung, was zu sprechen vom Ignorieren, gehören nicht zum Wesen eines Vaisnava. Diplomatie wird in der Unterweisung von Sri Caitanya Mahaprabhu an Srila Rupa Goswami als anartha bezeichnet. Vaisnavas zu ignorieren oder ihnen oberflächlich zu begegnen ist eher ein Hinweis, dass man zu sehr von Unpersönlichkeit beeinflusst ist. Indem man Einweihung bekommt und die Bhagavad Gita oder andere Vaisnava-Schriften liest, kommt man Zweifels ohne auf den Pfad der Hingabe, jedoch wird man noch lange auf diesem Pfad von der Unpersönlichkeit begleitet. Srila Prabhupadas Mission ist es uns durch die Botschaft von Sri Caitanya Mahaprabhu von dieser Unpersönlichkeit zu befreien.
Ich kann wirklich nur leider sagen und bedauern, dass der Besucher an unserem Tempel/Zelt diesen Eindruck bekommen hat, dass wir andere Vaisnavas, konkret von der ISKCON, nicht mögen. Die drei Tage, die wir dort auf diesem Alles-Ist-Eins-Yoga-Festival verbracht haben und den Tempel mit Radha Govinda Sundara aufgebaut hatten, waren ganz im Zeichen des Sankirtana, zusammen mit Devotees aus verschiedenen Missionen, vor allem von der ISKCON. Die Devotees von der Veden Akademie hatten dort auch ein Programm und wir kamen immer wieder zum Sankirtana zusammen. Darin war unser gemeinsames Interesse, und auch vorne am „Verkaufstand“. Egal von welchem Stand jemand was genommen hat, wichtig ist, dass die Botschaft von Srila Prabhupada und Sri Caitanya Mahaprabhu weitergegeben wurde. Die Gemeinschaft mit den Devotees ist etwas besonderes, auch wenn man es nicht immer wertschätzt weiß. Wäre ich alleine dort auf diesem unpersönlichen Festival gewesen oder wäre ich sonst irgendwo alleine in der Welt, wie lange würde es dauern, bis ich Krsna vergesse? So wenn Devotees da sind, egal ob man sich mit denen versteht oder nicht, sie erinnern einen immer an Krsna. Auch wenn man sich manchmal aus Schüchternheit oder Vorurteilen nicht so richtig zu benehmen weiß, spielt das keine Rolle.
Ich hoffe eines Tages den dritten Vers des Siksastaka zumindest einwenig verwirklichen zu können.
Dieser Brief ist nun etwas länger geworden, doch es schien mir wichtig das in diesem Zusammenhang zu sagen. Das Thema bringt in sich viele mögliche Missverständnisse und man kann ihnen auch in ausführlichen Worten nicht umgehen. Aus diesem Grund bitte ich um Verzeihung, falls sich irgendjemand von einer meiner Bemerkungen bedrängt oder beleidigt fühlen sollte. Das war nicht meine Absicht. Für alle Kritik und Anregungen zu diesem Thema bin ich sehr dankbar. Betrachtet dieses Schreiben bitte als eine Einladung zu weiteren Gesprächen und Dialogen - für die die das wollen -, um dadurch unsere Gemeinsamkeiten und Unterschiedene besser kennen zu lernen, und diese im gesamten Umfang des Planes von Sri Caitanya Mahaprabhu erkennen zu können.
Anwärter auf ein Leben als Vaisnava
Dhrstadyumna