Tricks bei Internetschlachten

Unseriöse Methoden zur Rekrutierung von Anhängern

Bereits rund 30 Jahre nach der Gründung der ISKCON im Jahr 1966 schlossen sich einige ehemalige ISKCON-Mitglieder zusammen, um ihre Kritikpunkte systematisch in die Öffentlichkeit zu tragen und gleichzeitig eine Alternative zur ISKCON zu etablieren. Sie predigen insbesondere in englischer Sprache und firmieren unter der Abkürzung IRM, was für ISKCON Revival Movement steht. Leider täuschen Sie Neulinge gerne, indem sie sich als ISKCON präsentieren, ohne jedoch dazu befugt zu sein. Die zwei zentralen Vorwürfe (neben unzähligen anderen), die diese Bewegung gegen die ISKCON erhebt, sind folgende:

- Kein ISKCON-Guru sei wirklich befugt, eigene Schüler anzunehmen

- Der BBT habe im Laufe der Zeit unautorisierte Veränderungen an Shrila Prabhupadas Literatur vorgenommen.

Im wesentlichen vertritt diese sogenannte ISKCON-Reform-Bewegung (IRM) die Theorie, Shrila Prabhupada nehme auch nach seinem Verscheiden immer noch Schüler an und zwar mittels des Ritviks-Systems. Bei diesem System wollen Priester bei einer Einweihungszeremonie den abwesenden Guru vertreten, um den Einweihungskandidaten zum Schüler des Guru zu küren. Ihre Methode stützen sie auf eine Anweisung von Shrila Prabhupada vom 9. Juli 1977. Sein damaliger Sekretär hatte ihm mitgeteilt, dass viele Einweihungskandidaten auf ihre Einweihung warteten, während Shrila Prabhupada aufgrund schlechter Gesundheit nicht mehr imstande war, den Einweihungszeremonien beizuwohnen. Daher ermächtigte Shrila Prabhupada elf seiner bewährten Schüler, die Einweihungszeremonien an seiner statt als Ritviks-Priester durchzuführen. Noch am 28. Mai 1977 hatte Shrila Prabhupada in einem Gespräch erklärt, dass während seiner für uns sichtbaren Anwesenheit seine Schüler noch nicht als einweihende spirituellen Meister auftreten sollten, sondern erst nach seinem Verscheiden. Diesem Wunsch Shrila Prabhupadas folgend führte man alle Einweihungskandidaten eben zu Shrila Prabhupada, und er behalf sich aufgrund des Staus dieser elf von ihm ernannten Ritvik-Priester. Es war jedoch klar, dass nach dem Verscheiden von Shrila Prabhupada dann erfahrene Schüler von Shrila Prabhupada die Aufgaben einweihender spiritueller Meister übernehmen würden. Niemand stellte dies in Frage, da dies sowohl die Gaudiya-Vaishnava-Tradition so vorsieht als auch von Shrila Prabhupada bestätigt worden war. Die Anweisung vom 9. Juli 1977 war eindeutig eine Anweisung zur Behebung des Einweihungsstaus. Die sog. ISKCON-Reform-Bewegung stellt das in Frage und behauptet, die ISKCON-Gurus seien nicht befugt, Schüler anzunehmen. Die Anweisung vom 9. Juli 1977 sei für alle Zeit gültig. Das Gespräch vom 28. Mai 1977 habe durch die Anweisung vom 9. Juli 1977 seine zukunftsweisende Relevanz verloren. ***(siehe unten)

Diese insbesondere im Internet geführte Schlacht hat ihre Ursachen hauptsächlich in der bisher relativ hohen Ausfallquote der ISKCON-Gurus, was die ISKCON bedauert. Dennoch sollte jeder, der sich mit moderner Propaganda auskennt, skeptisch werden, wenn hier in dieser Weise pauschal alles nieder gemacht werden soll. Da kommt spontan der Verdacht auf, dass diejenigen, die hier praktisch allen ISKCON-Kräften ihre Befugnisse absprechen, selbst - aufgrund ihrer nicht autorisierten Vorgehensweise - ein schlechtes Gewissen haben. Sie behaupten, die jetzigen ISKCON-Kräfte seien fehl am Platz, können aber nicht nachweisen, wie sie dazu kommen, sich nun als die wahren ISKCON-Vertreter aufzuspielen, obwohl sie nie durch einen gültigen ISKCON-Beschluss ermächtigt wurden, Schüler im Namen von Shrila Prabhupada einzuweihen. Wir werden nicht mit Schlammschlachtmethoden entgegnen, sondern es dem kritischen Beobachter überlassen, was er von all dem hält.

Das Hauptanliegen von IRM, die Schülernachfolge nach Shrila Prabhupada zu stoppen, möchten wir kurz beleuchten:

Shrila Prabhupada führt aus (in ähnlicher Weise in unzähligen Versionen in unzähligen seiner Kommentare):

"Nur reine Geweihte Krishnas können andere zum reinen hingebungsvollen Dienst führen. Es ist daher wichtig, dass die Prediger der Hare-Krishna-Bewegung reine Geweihte werden sollen ... Wenn ein Prediger sich richtig verhält, wird er fähig sein, andere zu bekehren. ..." (Chaitanya Caritamrita, Madhya-lila 24.98, Kommentar)

Shrila Prabhupada wollte, dass die ISKCON-Prediger reine Geweihte Shri Krishnas werden, um unzählige Schüler anzunehmen und die Bewegung für Krishna-Bewusstsein im Einklang mit der Jahrtausende alten Tradition überall zu verbreiten. Es erniedrigt Shrila Prabhupadas Ansehen, wenn man behauptet, keiner seiner Nachfolger solle qualifiziert sein, die Konvertierung von Anwärtern zu befördern. Wir sind uns darüber einig, dass Shrila Prabhupada jedermanns belehrender spiritueller Meister werden kann, wenn der Kandidat sich seine Botschaft zu Herzen nimmt. Dennoch möchte Shrila Prabhupada sehen, dass die Prediger seiner Bewegung auch selbst spirituelle Verantwortung übernehmen und durch ihr eigenes Beispiel und ihre eigene Reinheit andere transformieren, sie anleiten. Sie sollen damit alle Funktionen einweihender spiritueller Meister ausüben.

Aber selbst wenn man theoretisch annähme, die Philosophie der Ritviks stimme (was nicht der Fall ist), so bliebe die Auseinandersetzung der Streit um des Kaisers Bart. Shrila Prabhupada steht nämlich in ISKCON im Mittelpunkt des Interesses, was ja vorgeblich das Hauptanliegen der IRM ist. Die spirituellen Meister der ISKCON verstehen sich als Assistenten, die ihre Schüler zu Shrila Prabhupada, der Schülernachfolge und Shri Chaitanya hinführen. Sie sehen sich nicht als gesonderte Retter, sondern als die Diener des Retters. Der Unterschied zur Ritvik-Philosophie ist nur der, dass die ISKCON-Gurus sich gegenüber ihren Schülern verpflichten, treu zur Tradition und zu den Schülern zu bleiben. Mit anderen Worten: Sie versprechen, mit ihren Schülern durch Dick und Dünn zu gehen. Ein Ritvik-Priester hingegen hat diese Pflicht nicht, weil ja Shrila Prabhupada die Verantwortung trage. Die ISKCON-Gurus versuchen, Shrila Prabhupada Last abzunehmen, während die Ritvik-Priester alles Shrila Prabhupada aufbürden möchten. Die Zwietracht, die sie säen, ist eine zusätzliche Widrigkeit für Shrila Prabhupada und seine Bewegung. Im Christentum sehen wir dieselbe Abweichung: Alles wird Jesus Christus aufgebürdet, während die Allgemeinheit ihre Sündenlast mittels des Priestertums auf Jesus Christus abwälzt. Das ist bequem aber gleichzeitig extrem widerwärtig. Man hängt den Messias ans Kreuz und lässt ihn für sich leiden, anstatt Verantwortung für sich selbst und seine Schützlinge zu übernehmen.

In der ISKCON hingegen sieht man ein, dass es viele Anlaufschwächen und Ausfallerscheinungen gab. Man läuft nicht davon, sondern arbeitet an der Reinigung des ISKCON-Hauses, was mit der Reinigung bei einem selbst anfängt. Man wirft nicht die Flinte ins Korn und proklamiert den spirituellen Bankrott, um alles Shrila Prabhupada zu überlassen, sondern man möchte spirituelle Vorbilder in der Nachfolge Shrila Prabhupadas hervorbringen, die in der Gesellschaft von heute dringender gebraucht werden denn je und die auch in persönlicher Verantwortung Führungsqualitäten hinsichtlich der Rettung spiritueller Seelen entfalten. Selbstverständlich werden sie dabei von Shrila Prabhupada unterstützt, jedoch wünscht sich dieser - wie jeder gute Vater - , dass auch seine Söhne und Töchter in jeder Hinsicht glorreich werden.

Letztendlich ist es absurd, Schüler auf jemanden einzuweihen, der im allgemeinen nicht mehr gefragt werden kann, ob das noch in seinem Sinne ist. Die Anweisung vom 9. Juli 1977 ändert daran nichts, denn Shrila Prabhupada konnte sie zu seinen Lebzeiten jederzeit widerrufen. Jetzt möchte die IRM sie für alle Zeit aufrecht erhalten. Dadurch degradiert man Shrila Prabhupada zu einem Befehlsempfänger, der für immer alles annehmen soll, was man ihm vorlegt. Dies widerspricht eben den Prinzipien der Gaudiya-Vaishnava-Tradition, dem gesunden Menschenverstand und auch der Definition eines Schüler-Meister-Verhältnisses. Jemand, dem ein Schüler angetragen wird, muss die für den Schüler wahrnehmbare Entscheidung darüber haben, ob er einen spezifischen Schüler annehmen möchte oder nicht. Alles andere ist Einbildung nach dem Motto "Ich bin der Schüler von Cäsar". Sobald jemand dem beobachtbaren Erfahrungsraum entschwindet, ist die Begründung einer ordentlichen Schülerschaft nicht mehr möglich. Das bedeutet nicht, dass ein Verschiedener kein Guru sein kann. Ein Guru hat verschiedene Funktionen. Er inspiriert, er weiht in transzendentales Wissen ein, er transformiert. All das tut Shrila Prabhupada für uns, solange wir uns an ihn halten. Jedoch können wir nicht behaupten, er habe uns als Schüler angenommen, es sei denn wir sind Shrila Prabhupadas Schüler der ersten Generation. Wir machen die praktische Erfahrung, dass Shrila Prabhupada transzendentales Wissen verbreitet, wenn wir seine Schriften studieren. Dennoch können wir uns ihm nicht als Schüler aufdrängen.

Die IRM macht aus diesem Streit um des Kaisers Bart einen riesen Wirbel ohne Rücksicht auf Verluste, ohne zu sehen, dass Shrila Prabhupada, dem sie zu dienen glauben, im praktischen Predigen nie Wert auf komplizierte Konstruktionen gelegt hat. So sagte er:

"Every student is expected to become Acharya. Acharya means one who knows the scriptural injunctions and follows them practically in life, and teaches them TO HIS DICIPLES ... Keep trained up very rigidly and then you are bona fide Guru, and you can accept disciples on the same principle. But as a matter of etiquette it is the custom that during the lifetime of your spiritual master you bring the prospective disciples to him, and in his absence or disappearance you can accept disciples without any limitation. This is the law of disciplic succession. I want to see my diciples become bona fide spiritual masters and spread Krishna consciousness very widely, that will make me and Krishna very happy." (New Delhi, 02.12.1975).

"When I order "you become guru", he becomes regular guru. That's all. ... He becomes disciple of my disciple. That's it!" (Vrindavan, 28. Mai 1977)

So einfach und klar ist die Anweisung Shrila Prabhupadas: Zukünftige Schüler werden die Schüler der Schüler, aber wie es im Kali-Yuga so ist: Die unverschämteste Propaganda findet eben Anklang! Wenn noch Zweifel bestehen sollten, so bitten wir um Rückmeldung!

Euer Diener

Parivadi das

P. S.: Zu angeblichen Verfälschungen von Shrila Prabhupadas Texten siehe auch den Artikel "The Bhaktivedanta Book Trust"

*** An dieser Stelle dürfen wir kurz auf die Schwierigkeiten eingehen, die aufgrund des Verscheidens von Shrila Prabhupada im November 1977 auftraten:

Die Vaishnava-Schriften selbst weisen darauf hin, dass es beim Verscheiden herausragender Vaishnavas idR zu Orientierungsschwierigkeiten kommt. Ja, die damals führenden ISKCON-Angehörigen standen plötzlich tatsächlich vor fast unlösbaren Problemen; Wer sollte nun neue Einweihungskandidaten als Schüler annehmen? Shrila Prabhupada hatte niemanden mit der Aufgabe, eigene Schüler anzunehmen, betraut. Darum kamen die elf von Shrila Prabhupada ermächtigten Einweihungspriester (Ritvik-Priester) auf die Idee, sie seien von nun an befugt, selbst Schüler anzunehmen. Sie fühlten sich als Auserwählte aufgrund der schriftlichen Ernennung zu Einweihungspriestern vom 9. Juli 1977 durch Shrila Prabhupada selbst. Ja, das war natürlich eine nachvollziehbare Schlussfolgerung. Jedoch zeigte sich bald, dass die meisten dieser elf neuen einweihenden spirituellen Meister ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren. Es kam zu sittlichen und sogar kriminellen Verfehlungen, die natürlich in der Öffentlichkeit breit getreten wurden. Sogar heute noch freuen sich die ISKCON-Feinde über das gefundene Fressen, und das Internet ist voll von diesbezüglichen Schmähungen. Nichtsdestotrotz musste es irgendwie weitergehen, und wer anders als der ISKCON-Führungsrat (GBC) musste Entscheidungen treffen. Es dauerte rund 15 Jahre bis sich die Erkenntnis durchsetzte, dass einweihende spirituelle Meister nicht bürokratisch erzeugt werden können. Vielmehr verstand man aufgrund des Studiums der Vaishnava-Tradition, dass sich geeignete einweihende spirituelle Meister im Lauf der Zeit wie folgt manifestieren. IdR scharen sich Devotees um spirituell starke Vaishnavas, um dann auch ihre Schüler werden zu wollen. Heutzutage werden solche herausragende Vaishnavas vom GBC aufgrund des Wunsches ihrer Anhänger als einweihende spirituelle Meister autorisiert. Der GBC verzichtet also bewusst nicht darauf, die Qualifikation eines neuen einweihenden spirituellen Meisters zu untersuchen, bevor grünes Licht für die Einweihungen gegeben wird. Dies scheint uns nachvollziebar und vor allem geboten zu sein, um die spirituellen Standards zu sichern. Dennoch mussten während des vorher geschilderten Erkenntnisprozesses viele schwierige Erfahrungen verarbeitet werden, eben mit denjenigen Vaishnavas, die sich für priviligiert hielten. Letztere traten großteils ab, und nur vier der ursprünglich elf Einweihungspriester schafften es, sich in das sich nun ständig erweiternde Team der einweihenden spirituellen Meister als gleichberechtigte Geistliche einzufügen. Ihnen gebührt großer Respekt für ihre Einsichtsfähigkeit und damit ihr besonders vorbildliches Verhalten!

Zukunftsperspektive aus der Sicht von Krishna-Culture

Leider üben sich die IRM-Angehörigen seit Jahrzehnten in Schmähungen aller Art gegen die ISKCON und viele ISKCON-Angehörige und zwar in der Öffentlichkeit, ohne Rücksicht auf die Vaishnava-Etiquette. Vaishnavas tragen Konflikte traditionsgemäß in vertraulichem Rahmen aus, und vermeiden es, andere in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen. Darum ist eine versöhnliche Beilegung der Angelegenheiten hier in naher Zukunft eher nicht zu erwarten. Gleichwohl wünschen wir den IRM-Angehörigen entsprechend der Vaishnava-Etiquette alles Gute für ihr persönliches Leben Sie sind herzlich willkommen, sich in die ISKCON wieder einzugliedern, wobei die inzwischen sehr stabilisierte ISKCON keine Notwendigkeit sehen sollte, sich der IRM anzubiedern. Im Lauf der Zeit sind viele von verschiedenen Seiten benannten Missstände beseitigt worden, und jeder ISKCON-Angehörige ist frei, Schüler eines von fast einhundert einweihenden spirituellen Meister zu werden. Die Zeiten, da die Kandidaten gedrängt wurden, sich einem bestimmten Regime unterzuordnen, sind längst vorbei. Somit sollte nun ein freierer Umgang mit der ganzen Thematik dazu führen, dass Entspannungen stattfinden können sollten. Wir hoffen das beste, denn Shrila Prabhupadas größter Wunsch war es, dass seine Nachfolger liebevoll zusammen arbeiten würden!