Vorsicht: Abkürzung für Ungeduldige!

Thema 17/2018

Heute wollen wir den Versuch unternehmen, die höchsten Wahrheiten auf einfachste Weise darzustellen. Die Vaishnava-Theologie lässt diesbezüglich keine Frage unbeantwortet, rät jedoch zu einem vorsichtigen Vorangehen hin zum Urgrund aller Existenz. Wir werden sehen, dass dieser Weg zwar einfach anmutet, jedoch der Kandidat Qualifikationen aufweisen bzw. erwerben muss, um erfolgreich zurück zu ewigem Glück gehen zu können.

Nun steigen wir ein, um nicht allzu lange um den heißen Brei herum zu reden:

Die von C.G. Jung*** proklamierten Archetypen sind klare und wahre Indizien dafür, dass jede(r) einzelne von uns eine innere Ahnung davon hat, wo er (sie) ursprünglich herkommt bzw. zu welcher Seinssituation er (sie) sich ewiglich hingezogen fühlt. Im Inneren zieht es uns - auch ohne Einwirkung entsprechender Propaganda - zu Zuständen ewig anhaltender Pracht und Fülle hin, zu einem Leben mit guten Freunden, dem Prinzen bzw. der Prinzessin, als ergebener Diener oder großzügiger Gönner. Woher kommt es wohl, dass entsprechend aufwendige Kinofilme immer wieder Kassenschlager sind? Wir identifizieren uns liebend gerne mit bestimmten Helden bzw.Heldinnen, Prinzen, Prinzessinen, Königen, Königinnen, reinen Charakteren verschiedener Art, z. B. Frodo, Gandalf, dem Waldläufer usw. Dies liegt nicht an unseren Genen sondern unserer Urerinnerung.

Tatsächlich ist es so, dass jede(r) einzelne von uns seine (ihre) individuelle ursprüngliche Position in der unendlichen Vielfalt des Urgrundes aller Existenz inne hat! In den entsprechenden Offenbarungsschriften des vedischen Kontextes wird das Individuum mit einem funkelnden Edelstein in Gottes Garten verglichen. Jede(r) glitzert auf seine (ihre) individuelle Art und Weise und hat weitere individuelle Eigenschaften, die im Einklang mit und aufgrund der Anregung durch die göttliche Ordnung zum Tragen kommen.

Obwohl jeder einzelne von uns unverwechselbare individuelle Eigenschaften hat, werden diese unzähligen Merkmale von den Eingeweihten wie folgt kategorisiert:

Drei grundlegende Eigenschaften zeichnen jede(n) einzelne(n) von uns aus:

Wir sind alle ohne Ausnahme anfang-und endlos (sat), haben ein Bewusstseinspotential hinsichtlich unserer Existenz und unserer ewig ursprünglichen Situation (chit) und besitzen ein ewiges Freudenpotential (ananda).

Unser Freudenpotenzial erfahren wir in folgenden fünf grundlegenden Geschmacksrichtungen:

1. Geborgenheitserfahrung im Angesicht ursprünglicher Stärke, Schönheit und Pracht (shanta-rasa oder Verehrungszustand)

2. Stets anwachsende Dienstwilligkeit hinsichtlich der göttlichen Realität (dasya-rasa oder Gottesdienst)

3. Freundschaftliche Beziehung mit der höchsten Persönlichkeit Gottes und dessen Geweihten (shakya-rasa oder brüderlicher bzw. schwesterlicher Geschmack)

4. Elterliches Kümmern um göttliche Angelegenheiten (vatsalya-rasa; Elternbewusstsein)

5. Erotisches Leben mit Gott ähnlich dem ritterlichen Ideal mittelalterlicher hoher Minne (madhurya-rasa), völlig unähnlich dem weltlich sexuellen Treiben der Menschen und Tiere

Nun aber doch noch kondensierter die Quintessenz des oben Beschriebenen für besonders Ungeduldige:

Wer konsequent bemüht der inneren Sehnsucht seines (ihres) Herzens folgt, gelangt mit Sicherheit irgendwann in seine (ihre) ewig existente ursprüngliche Position, denn "wer sucht der findet!"

Das Gegenteil von konsequenter Bemühung ist Trägheit (s. auch unser letzter Beitrag 16/2018). Darum gilt Trägheit als größtes Hindernis auf dem Weg der Selbstverwirklichung!

Der hier kurz skizzierte Pfad des Bhakti-Yoga ist also der kürzeste Weg hin zum ewig ersehnten endgültigen Ziel. Achtung! Gerade auf diesem steilen Pfad bedarf man (sie) der kundigen Unterstützung seitens Eingeweihter. Wer es eigensinnig auf eigene Faust versucht, fällt mit Sicherheit auf die Nase. Von rückkehrwilligen Kandidaten wird darum Folgsamkeit erwartet, weil mangelndes Kooperationsvermögen eine grundlegende Disqualifikation für das Leben in unserer ursprünglichen Heimat ist:

Stolz kommt vor dem Fall, ist also das Hauptübel. Besserwisser leben in Illusion und können dieser nur entkommen, wenn sie ihr Haupt beugen und reumütig zurück zu spiritueller Vernunft kommen.

Wer den steilen kurzen Weg erfolgreich beschreiten möchte, muss stets darum bemüht sein, die wahre innere Sehnsucht von illusorischen Trugbildern der Geistes- und Intellektebene zu unterscheiden. Die reine Pflanze der Hingabe in unserem Herzen sollten wir also stets hegen und pflegen, indem wir alles Unkraut zu erkennen suchen, um es konsequent entfernen zu können. Erfahrene Berater helfen dabei. Auf uns selbst gestellt sind wir hilflos den Halluzinationen, hervorgerufen durch die materielle Energie (maya), ausgeliefert und gehen in die Irre. Darum wird von uns erwartet, dass wir uns mit Gleichgesinnten zusammen schließen und uns von erfahrenen Kennern der Wahrheit leiten lassen. Wäre es nicht so, so führte dies zu chaotischen Zuständen im transzendentalen Raum aufgrund unqualifizierter Eigenbrötler. Viele sog. Meister bewegen sich außerhalb des transzendentalen Systems göttlicher Wissensvermittlung und führen ihre Anhänger in die Irre, in der sie ja auch selber gefangen sind.

Wer die Details hinsichtlich dieses wichtigsten aller Erkenntnisbereiche erfahren möchte, sollte unbedingt das Werk „Der Nektar der Hingabe“ von Seiner göttlichen Gnade A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada studieren.

Zum Abschluss und zur Bekräftigung unseres Beitrages hier noch ein passendes Originalzitat aus der bekanntesten vedischen Offenbarungsurkunde, der Bhagavad-gita (Kapitel 7, Vers 14), die für jedes Grundlagenstudium unverzichtbar ist:

daivi hy esa guna-mayi
mama maya duratyaya
mam eva ye prapadyante
mayam etam taranti te

Übersetzung:

“Diese Meine göttliche Energie (maya), die in drei Täuschungsmoden (Tugend, Leidenschaft und Unwissenheit) wirkt, ist sehr schwer zu überwinden. Aber diejenigen, die sich Mir ergeben, können sie leicht hinter sich lassen.“

Hier erklärt Shri Krishna Seinem Schüler Arjuna, dass die täuschende göttliche Energie (maya) in dreifacher Weise auftritt, nämlich in tugendhaften, leidenschaftlichen und unwissenden Illusionsgraden. Auf uns selbst gestellt gibt es praktisch kein Durchkommen. Mal fühlen wir uns wohl in einer tugendhaften Situation, zum Beispiel als Philosoph, mal frönen wir unseren Leidenschaften und ein anderes mal nimmt die Trägheit überhand und wir vegetieren nur noch vor uns hin. Nur wer sich der göttlichen Autorität Shri Krishna bzw. den von Ihm eingesetzten Bevollmächtigten demütig ergibt, kann auf dem kürzesten Weg erfolgreich hin zur ursprünglich ewig glücklichen individuellen Daseinssituation zurück finden.

Viel Glück auf diesem Weg wünscht Ihnen

Ihr Diener

Parivadi dasa

*** C. G. Jung war ein berühmter und führender schweizer Verhaltensforscher. Hier kurz ein Auszug aus Wikipedia zu dem Phänomen der Archetypen, die Herr Jung erforscht hat:

"Nach Jung sind Archetypen universell vorhandene Strukturen in der Seele aller Menschen, unabhängig von ihrer Geschichte und Kultur. Sie können sich im Einzelnen und in Gesellschaften unterschiedlich realisieren. Jung fiel auf, dass «gewisse archetypische Motive, die in der Alchemie geläufig sind, auch in Träumen moderner Personen, welche keinerlei Kenntnisse der Alchemie haben, auftreten."

Wir halten Herrn Jung für einen ehrlichen Mann und empfehlen den Lesern, sich ein wenig mit dem Phänomen der Archetypen zu beschäftigen!