Alles was recht ist

Thema 18/2013

Aus den vedischen Offenbarungsschriften geht hervor, dass wir uns zur Zeit rund im Jahr 5000 des vierten Zeitalters befinden, das als Kali-Yuga bezeichnet wird. Das Kali-Yuga wird von Kali beherrscht, welcher Streit und Lüge schürt, so dass die Gesellschaft mehr und mehr degeneriert, wenn man keine besonderen Anstrengungen unternimmt, dies zu verhindern.

Tatsächlich sehen wir, dass noch nie so viel gestritten wurde wie heutzutage. Auch überwiegen in der Öffentlichkeit die Lügen. Wahrhaftigkeit findet man hingegen fast nicht mehr. Gerade die Massenmedien verzerren die Wirklichkeit in krasser Weise.

Wir wollen hier in dieser ersten Beitragsreihe 2013 nun einmal die vedischen Grundlagen soziologischer Zusammenhänge darstellen und werden sehen, wie vorteilhaft es ist, logisch und wissenschaftlich - also vedisch - zu denken.

Zur Streitkultur des Kali-Yuga passen - wie die Faust aufs Auge - die Fluten von Gesetzestexten, die von Regierungen, Parlamenten usw fabriziert werden. Kaum jemand blickt da noch durch. Oft widersprechen sich die Gesetze; Ja es gibt Juristen, die zugeben, dass es unmöglich ist, sich an alle geltenden Vorschriften zu halten!

Gesetze sollen nach vedischem Verständnis Ausdruck des Rechts sein. Recht ist, was für den einzelnen und die Gesellschaft gut ist. Wie Prof. Schachtschneider, der sich für die Reorganisation eines republikanischen Staates einsetzt, richtig erkannt hat, ist es die Aufgabe der Gesetzgeber, zu erkennen, was gut ist. Dieses Gute soll dann in Gesetzestexten zum Ausdruck kommen. Es geht bei vedischer Gesetzgebung also nicht um neue Erfindungen sondern um Erkenntnisprozesse. Deshalb - so Prof. Schachtschneider richtigerweise - müssen die gesetzgebenden Personen charakterlich fähig sein, das Gute zu erkennen. Prof. Schachtschneider bemüht zur Findung des Rechts den deutschen Philosophen Kant, der das Gute mittels weltlicher Logik zu finden glaubte. Wir haben jedoch bereits in unserem Beitrag 38/2012 dargestellt, dass das Gute nur mittels göttlich inspirierter Intelligenz erkannt werden kann.

Nun wollen wir hier in dieser Beitragsreihe anhand einiger Beispiele sehen, wie man mit vedischem Denken zu sinnvollen Ergebnissen kommt. Wir fangen diesmal mit einem Thema an, welches seit geraumer Zeit die Gemüter vieler Menschen erhitzt:

Globales Denken

In einer Zeit, in der Informationen weltweit blitzschnell weiter verbreitet werden können, ist es nur natürlich, wenn globale gesellschaftliche Strukturen entstehen.

Der Streit der Globalisierungsgegner mit den Globalisierungsbefürwortern ist - wie die meisten Streitigkeiten - überflüssig. Wenn wir der Angelegenheit nämlich auf den Grund gehen, müssen wir feststellen, dass der Planet Erde bereits seit aller Zeit einheitlich regiert wird, nämlich von Gott und dessen Beauftragten. Dies wird auch immer so bleiben. Es ist auch nicht so, dass eine Weltregierung eine neue Idee - jetzt genannt: die neue Weltordnung (NWO) - ist. Die Welt wurde bis zum Ende des dritten Zeitalters von nur einem Kaiser regiert. Dieser letzte Weltherrscher war Kaiser Parikshit. Die Welthauptstadt war Hastinapur (das heutige Delhi). Freilich regierte dieser nach vedischen Grundsätzen.

Die Globalisierung kann nur gute Früchte tragen, wenn sie vedisch erfolgt. Folgende Grundsätze müssen dabei Beachtung finden:

1. Glaubens-, Gewissens- und Meinungsfreiheit

Jeder Bürger der Welt hat das göttliche Recht, zu glauben, was er für richtig hält.

2. Gleichheit vor dem Gesetz

Jeder Bürger muss darauf vertrauen können, dass er entsprechend den geltenden Gesetzen leben darf. Das funktioniert jedoch nur, wenn die Gesetze verständlich und überschaubar sind. Der Gleichheitsgrundsatz wird oftmals dahingehend falsch verstanden, dass alle gleich seien. Dies stimmt ja nicht: Eine Frau ist kein Mann und ein Mann ist keine Frau. Ein Kind ist kein Erwachsener und ein Erwachsener ist kein Kind. Ein Apfel ist keine Birne und eine Birne ist eben kein Apfel.

Bei der gesellschaftlichen Ordnung müssen also offensichtliche Unterschiede auch in der Gesetzgebung ihren Niederschlag finden.

Beispiel: Ein Lehrer hat eine Vorbildfunktion. Von ihm muss mehr erwartet werden als vom Schüler.

3. Föderalismus

Der Weltstaat kann nur funktionieren, wenn die gewachsenen gesellschaftlichen Strukturen anerkannt werden. Deutschland ist nicht Saudi Arabien. Saudi Arabien ist nicht Deutschland. Wir sehen an dem gescheiterten Versuch, Europa zu vereinheitlichen, dass es nicht möglich ist, Völker mit Zwang zu einigen. Es gibt tatsächlich und gottgewollt soziologische Vielfalt. Gott ist unendlich vielgestaltig und so sind auch Seine Erweiterungen unendlich vielgestaltig. Wer es wagt, eine Weltdiktatur anzustreben, kann also gleich einpacken. Es ist wunderbar, dass es so viele verschiedene Lebensmodelle gibt. Der hier beschriebene Grundstandard sollte aber im Interesse des Weltfriedens von allen angestrebt werden. Die meisten Religionen und Weltanschauungen teilen diese Grundsätze bereits. Es sollte daher nicht schwierig sein, sich unter den Nationen auf so einen Grundstandard zu einigen.

4. Erhalt ökologischer und wirtschaftlicher Strukturen

Die Globalisierung darf nicht dazu führen, dass sich einige wenige unermesslich bereichern und Monopolstellungen einnehmen. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass möglichst dezentral gewirtschaftet wird. Der Blumenkohl muss nicht von Italien nach Spanien transportiert werden. Auch in Spanien kann Blumenkohl angebaut werden. Jede Struktur sollte möglichst auf Eigenversorgung ausgelegt sein. Handel ist etwas Gutes, solange ein fairer Austausch erfolgt. Was der eine nicht hat, kann ein anderer liefern und umgekehrt. Wo ist das Problem? Probleme gibt es immer dort, wo Gier vorherrscht. Die Tendenz der Habgier muss mit allen politischen und rechtlichen Mitteln eingedämmt werden. Hierzu ist es unabdingbar, die örtlichen Kleinstrukturen zu fördern und vor Monopolisierung zu schützen. Ein gesunder Mittelstand muss vorhanden sein. Niemand sollte neidisch sein, wenn ein tüchtiger Unternehmer etwas mehr verdient als ein Arbeiter oder Angestellter.

5. Schutz der Schwächeren

Im vedischen Staat werden Schwächere geschützt. Dazu gehören Kinder, Frauen, Kranke und ältere Bürger. Es muss diesen möglich sein, ein menschenwürdiges Leben zu führen.

6. Leben und Leben lassen

Lebenskünstler aller Art sollte ein Staat tolerieren, solange sie sich im Rahmen des Grundstandards bewegen. Zwangsarbeit widerspricht vedischem Denken. Wer aufgrund von Trägheit arm ist, sollte dennoch das Lebensnotwendige erhalten (Sozialhilfe). Im vedischen Staat ist Betteln nichts verwerfliches.

Nun könnte man denken, der Autor dieses Beitrags habe das deutsche Grundgesetz abgeschrieben. Wir geben zu, dass wir aufgrund eines Hochschulstudiums und entsprechend langjähriger Praxis mit den Grundlagen der Rechtslehre vertraut sind. Die Väter des Grundgesetzes - so kann man der Präambel des Grundgesetzes entnehmen - haben dieses in ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen verfasst. Sie haben also - wie wir es empfohlen haben - versucht, das Recht zu ergründen, nicht jedoch es neu zu erfinden; was nicht nötig und auch nicht möglich ist. Sie sind - so die Auffassung des Autors dieses Beitrags - zu recht guten Erkenntnissen gelangt. Leider fehlt es jedoch in der Praxis an charakterlich geeigneten Personen, das Grundgesetz in der Wirklichkeit zur Geltung zu bringen.

Charakterbildung muss das oberste Ziel einer jeden Gesellschaft sein. Regierende, Lehrer und andere Personen mit Vorbildcharakter müssen einen Lebenswandel vorweisen, der darauf schließen lässt, dass sie ihr Amt aufgrund ideeller Gesinnung ausüben möchten. Wer ein undiszipliniertes ausschweifendes Leben führt kann nicht zum Wohl der Allgemeinheit tätig sein. Ohne charakterlich geeignete Führungspersönlichkeiten kann ein Staat nicht richtig funktionieren.

Zum Schluss dieses Beitrags wollen wir noch wissen, was Seine Göttliche Gnade A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada zum Thema Globalisierung ausführte. Immerhin widmete er bereits in den 50er Jahren! einen Teil des Vorwortes zu seiner Ausgabe des Bhagavat Purana (Shrimad Bhagavatam) diesem Thema. Hier die entsprechenden Stellen:

"Wir müssen das gegenwärtige Bedürfnis der menschlichen Gesellschaft erkennen. Worin liegt dieses Bedürfnis? Die menschliche Gesellschaft wird nicht mehr durch geographische Grenzlinien auf bestimmte Länder oder Gemeinden beschränkt. Sie ist weitläufiger als im Mittelalter, und die allgemeine Tendenz geht heute dahin, dass sich die Welt zu einem Staat oder einer Gesellschaft zusammen schließt. Die Ideale des spirituellen Kommunismus beruhen dem Shrimad Bhagavatam gemäß auf der Einheit der gesamten menschlichen Gesellschaft, ja der gesamten Energie der Lebewesen. Große Denker verspürten den Drang, dies zu einer erfolgreichen Ideologie zu machen.  Das Shrimad Bhagavatam wird dieses Bedürfnis der menschlichen Gesellschaft erfüllen. Es beginnt daher mit dem Aphorismus der Vedanta-Philosophie (janmady asya yatah), um das Ideal einer gemeinsamen Grundlage festzulegen.

Die Menschheit ist heute nicht mehr in die Finsternis der Unwissenheit gehüllt. Weltweit hat sie auf den Gebieten der materiellen Annehmlichkeiten, der Bildung und der wirtschaftlichen Entwicklung rasche Fortschritte gemacht. Doch irgend etwas stimmt nicht im sozialen Gefüge der Welt, und so entstehen selbst um unbedeutende Sachverhalte großangelegte Auseinandersetzungen. Es bedarf eines Schlüssels, wie die Menschheit auf einer gemeinsamen Grundlage in Frieden, Freundschaft und Glück vereint werden kann. Das Shrimad Bhagavatam wird dieses Bedürfnis erfüllen, denn es bietet eine kulturelle Vorlage zur Respiritualisierung der gesamten Menschheit.

Das Shrimad Bhagavatam soll auch an Schulen und Universitäten gelehrt werden, denn es wurde von dem großen Gottgeweihten Prahlada Maharaja, der selbst ein Schüler war, empfohlen, um das dämonische Gesicht der Gesellschaft zu verändern.

kaumara acaret prajno
dharman bhagavatan iha
durlabham manusam janma
tad apy adhruvam arthaham

(Shrimad Bhagavatam 7.6.1)

Uneinigkeit in der menschlichen Gesellschaft ist darauf zurückzuführen, dass es in einer gottlosen Zivilisation an religiösen Prinzipien mangelt. Die Existenz Gottes ist eine Tatsache - Er ist der Allmächtige, von dem alles ausgeht, von dem alles erhalten wird und in den alles in Ruhe eingeht. Die materialistische Wissenschaft hat nur sehr unzureichend versucht, den letztlichen Ursprung der Schöpfung herauszufinden, doch es ist eine Tatsache, dass es einen letztlichen Ursprung alles Bestehenden gibt. Dieser letztliche Ursprung wird rational und autorativ im Shrimad Bhagavatam, dem 'herrlichen Bhagavatam', erklärt.

Die transzendentale Wissenschaft des Shrimad Bhagavatam hilft uns nicht nur, den letztlichen Ursprung aller Dinge zu erkennen, sondern auch, unsere Beziehung zu Ihm und unsere Pflicht der Vervollkommnung der menschlichen Gesellschaft auf der Grundlage dieser Erkenntnis zu verstehen. ..."