Das Shrimad Bhagavatam I

Ein Versuch, den Ursprung des Shrimad Bhagavatam, die wichtigste Grundlage der Hare-Krishna-Bewegung, in einfachen Worten darzulegen

Thema 27/2024

dharmah projjhita-kaitavo 'tra paramo nirmatsaranam satam
vedyam vastavam atra vastu shivadam tapa-trayonmulanam
shrimad-bhagavate maha-muni-krite kim va parair ishvarah
sadhyo hridy avarudhyate 'tra kritibhih shushrusubhis tat-ksanat

"Dieses Bhagavat Purana, das alle religiösen Handlungen, die materiellen Motiven entspringen, uneingeschränkt ablehnt, vermittelt die höchste Wahrheit, die von jenen Gottgeweihten verstanden werden kann, die im Herzen völlig rein sind. Die Höchste Wahrheit ist Wirklichkeit, welche zum Wohl aller von Illusion unterschieden wird. Solche Wahrheit beseitigt die dreifachen Leiden. Dieses herrliche Bhagavatam, das von dem großen Weisen Vyasadeva (auf der Stufe seiner Reife) verfasst wurde, ist alleine ausreichend, um Gotteserkenntnis zu erlangen. Wozu braucht man also noch irgendwelche anderen Schriften? Wenn man die Botschaft des Bhagavatam aufmerksam und ergeben hört, wird durch diese Entwicklung von Wissen der Höchste Herr im Herzen offenbart." (Shrimad Bhagavatam 1.1.2)

Fortsetzung:

Wisset, o Gelehrte und nachdenkliche Menschen, das Shrimad Bhagavatam ist die reife Frucht am Baum der vedischen Schriften . Es kam von den Lippen Shri Shukadeva Gosvamis, und daher ist diese Frucht sogar noch köstlicher geworden, obwohl ihr nektargleicher Saft schon vorher allen - auch den befreiten Seelen - vortrefflich mundete. (Shrimad Bhagavatam 1.1.3)

"Einst versammelten sich große Weise, angeführt von dem Weisen Shaunaka, an einem heiligen Ort im Wald von Naimisharanya, um zur Zufriedenstellung des Herrn und Seiner Geweihten ein großes, tausendjähriges Opfer darzubringen. (Shrimad Bhagavatam 1.1.4)

"Eines Tages, nachdem die Weisen ihre Morgenpflichten erfüllt hatten, indem sie ein Opferfeuer entzündet und Shrila Suta Gosvami achtungsvoll einen Sitz angeboten hatten, stellten sie ernste Fragen über folgende Angelegenheiten. (Shrimad Bhagavatam 1.1.5)

"Die Weisen sagten: Verehrter Suta Gosvami, du bist völlig frei von allen Lastern. Du bist sowohl mit allen religiösen Schriften als auch mit den Puranas und der Geschichtsschreibung wohlvertraut, da du dich unter richtiger Anleitung mit ihnen befasst und sie auch erklärt hast. (Shrimad Bhagavatam 1.1.6)

"Als der älteste Vedanta-Gelehrte, o Suta Gosvami, verfügst du über das Wissen Vyasadevas, der eine Inkarnation Gottes ist, und auch das anderer Weiser, die mit allen Arten des physischen und metaphysischen Wissens vertraut sind. (Shrimad Bhagavatam 1.1.7)

"Und weil du ergeben bist, haben Dich Deine spirituellen Meister mit all der Gunst gesegnet, die spirituelle Meister ihren edlen Schülern zuteil werden lassen. Daher kannst Du uns alles mitteilen, was du von ihnen wissenschaftlich gelernt hast." (Shrimad Bhagavatam 1.1.8)

"Erkläre uns daher bitte auf leicht verständliche Weise, was du, der du mit vielen Lebensjahren gesegnet bist, als das absolute, endgültige Gute für die Allgemeinheit bezeichnen würdest." (Shrimad Bhagavatam 1.1.9)

Wir können also bis heute erst einmal folgendes festhalten:

1. Es fand vor rund 5.000 Jahren eine große Versammlung von spirituell Gelehrten Weisen in einem bewaldeten Bereich mit dem Namen Naimisharanya statt. Thema der Versammlung war nichts geringeres als das absolut, endgültig Gute für die Allgemeinheit. Der Wald von Naimisharanya existiert heute noch in Nordindien, und der Platz der Versammlung konnte anhand vorhandener  Beschreibungen der nachfolgenden Schüler der Gelehrten und Weisen ausgemacht werden und ist darum selbstverständlich ein wichtiger Pilgerort für die Vaishnavas. Der Autor dieses Beitrages hat diesen heiligen Ort bereits dreimal während der jährlich stattfindenden Pilgerreisen besuchen dürfen.

2. Offensichtlich wurde der von der Versammlung erkorene Vorsitzende mit dem Namen Suta Gosvami nicht gegängelt, das heißt, dass er völlig frei war, seine Meinung zu sagen, und er wurde gebeten, sich leicht verständlich auszudrücken. Diese Bitte wirkt menschlich, nicht hochtrabend sondern erstaunlich einladend und volksnah, die wir allesamt weder Sanskrit-Gelehrte noch mit den Bräuchen und altindischen Gepflogenheiten vertraut sind.

Wir werden in den folgenden Beiträgen diese Schilderung fortsetzen, um endlich einmal die kulturelle Distanz zwischen dem alten Indien und dem modernen Deutschland abzubauen, weil wir, Parivadi dasa, davon überzeugt sind, dass die Texte des Shrimad Bhagavatam von höchster spiritueller Bedeutung für uns alle und unsere Kulturen sind. Es geht hier also um den Abbau übertriebener und pervertierter Ehrfurcht, die zu einer Blockade führt. Wir möchten dieser Blockade entgegenwirken und damit den Fluss des konzentrierten Wissens vom Sprecher zum Zuhörer bzw. Leser fördern.

Selbstverständlich empfehlen wir Ihnen, sich das komplette Shrimad-Bhagavatam-Set zuzulegen, wie es vom Bhaktivedanta Book Trust herausgegeben wird. Ja, bitte verstehen Sie, dass noch heute an der endgültigen Fassung der Texte in vielen internationalen Sprachen gearbeitet wird. Das Werk besteht aus zwölf Cantos (Büchern), wobei manche Cantos mehrere Buchbände umfassen, weil ansonsten die jeweiligen Bände unhandlich umfangreich wären. Während der Gestaltung der Bände kam es zu mehreren Ausgaben mit teils unterschiedlichen Aufteilungen der einzelnen Cantos, was zum Teil immer wieder für Verwirrung sorgt. Wir werden diese Verwirrung nicht noch steigern, indem wir darstellen, was der Bhaktivedanta Book Trust in exemplarischer Genauigkeit stets dokumentiert. Wer es genau wissen möchte, der besuche bitte die Website des Bhaktivedanta Book Trust, wo über Fortschritte hinsichtlich der Erarbeitung einer allgemein anerkennenswerten Fassung des Shrimad Bhagavatam berichtet wird. Hier ist ein empfehlenswerter Link für sehr Interessierte hinsichtlich des Dienstes, den der größte Verlag im Bereich für Vaishnava-Literatur, eben der BBT (= The Bhaktivedanta Book Trust) leistet. Wir hingegen beschäftigen uns damit, uns besonders wichtig erscheinende Texte für die Allgemeinheit "abzuschreiben"***, Das "Abschreiben minimiert unser Selbstverständnis deshalb gerade nicht, weil wir den Versuch unternehmen, eine allgemein verständliche Systematik mit Schlüsseltexten darzulegen, und zwar beschränken wir uns auf Texte, die seit langen Jahren unumstritten zum Kern des Shrimad Bhagavatam gehören, und die auch von den Vaishnavas der Hare-Krishna-Bewegung oft zitiert werden. Darüber hinaus steht es Ihnen ja frei, die Bücher des BBT zuhause ungestört zu studieren. Da haben Sie ein Leben lang Zeit dafür, wenn es ausreichen sollte. Es ist nie zu spät, in dieses wunderbarste vedische Juwel einzusteigen, denn nur schon ein kleiner Funken der Erkenntnis daraus ist ein lebensrettender Faktor!!! Krishna-Bewusstsein ist eben kein Marathon-Lauf, sondern es geht darum, mit dem Herzen die absolute Wahrheit zu erspüren. Es empfiehlt sich, parallel zum Studium des Shrimad Bhagavatam auch die Bhagavad-gita wie sie ist von His Divine Grace A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada zu studieren.

Ihr Diener

Parivadi dasa

*** Abschreiben war in der Zeit vor der Drucktechnik von Gutenberg und später dann der elektronischen Revolution der Schreibbüros ein wichtiger Bestandteil des Lebens der Schreiber oder derjenigen, die sich für bestimmte Erzeugnisse von Schriftstellern oder auch Komponisten begeisterten das Mittel der Wahl. So weiss man heute, dass JS Bach in seinen jungen Jahren viele Noten seiner Idole einfach abgeschrieben hat, um selbst daraus seinen Nutzen ziehen zu können. Er sagte selbst, er sei fleißig gewesen. Es ist nämlich eine Tatsache, dass das, was man abschreibt, viel mehr verinnerlicht wird als Texte, die man einfach kopiert und irgendwo in Ordnern abstellt. Letzteres führt nämlich zwar zu großen Ansammlungen, jedoch weiss der moderne Mensch nicht viel über die Inhalte, die da in seinen Regalen stehen; Hauptsache man kann damit prahlen, Zugriff auf alles mögliche zu haben. Darum scheint uns das Abschreiben von Bhagavatam-Texten eine gute Methode zu sein, unser spirituelles Wissen zu vertiefen.