Re: Ich bin dagegen
Geschrieben von Dr. Feelgood am 23. Mai 2007 22:31:
Als Antwort auf: Ich bin dagegen geschrieben von gitageo am 18. Mai 2007 15:25:
Wir als Devotees haben nicht viel mit diesen Angelegenheiten zu tun.
Lasst die Politiker ihre Pflichten machen, und wir machen unsere.
Es ist immer leicht, politische oder Entscheidungen wie z.B. außenpolitische Regelungen und Finanzleistungen zu verurteilen, wenn man nicht in die Regierungsangelegenheiten selbst eingebunden ist. In der Praxis sind solche Dinge wie z.B. außenpolitische Entscheidungen weit komplexer als es scheint.
Was das karma betrifft, so haben wir wenig Einfluss darauf, was mit den Steuergeldern geschieht. Wir muessen aber wie jeder andere natuerlich alle unsere vorgeschriebenen Steuern zahlen. Iskcon hat vor vielen Jahren deutlich als weltweit bindende Regel fuer alle Anhaenger beschlossen, dass wir uns strikt an die Gesetze der jeweiligen Staaten zu halten haben, in denen wir uns befinden. Wir wollen uns auf konstruktive und harmonische Weise in die gesellschaft einbringen. Wir wollen uns sicher nicht aber durch generelle Verweigerung von buergerlichen Pflichten ausgrenzen, auch wenn es zu Detailfragen unterschiedliche Meinungen geben kann. Ganz im Gegenteil.
Als muendige Buerger muessen wir unseren Beitrag entrichten, auch wenn nicht alles in der Gesellschaft vollkommen erscheint. wie Kirshna in der Bhagavad Gita erklärt, ist jede Handlung in dieser Welt von einem Fehler ueberschattet, dies sollte uns aber nicht von der erfuellung unserer Pflichten in der Gesellschaft abhalten.
Wer bestimmte Politiker wählt, die dann eventuell ungute Entscheidungen faellen bekommt natuerlich auch einen winzigen Teil des karma ab. Darueber kann man sich nicht beschweren. Deshalb muss jeder reife Devotee selbst entscheiden, wen er waehlt, genau wie alle anderen Menschen. Wer also z.B für die Irak-Politik der Regierung ist, weil er meint, dies helfe, langfristig Terroristen und Diktatoren in ihre Schranken zu weisen, kann dementsprechend Parteien wählen, die den Irak-Krieg befuerworten. Und wer gegen den Irak-Krieg ist, weil er ihn fuer sinnlos haelt, kann die Parteien wählen, die gegen den irak-Krieg sind.
Das steht jedem offen, und ich glaube nicht, dass es eine verbindliche allgemeine Empfehlung der iskcon gibt, welche politische Gesinnung Iskcon-Anhaenger haben sollen. Es steht jedem Gottgewihten frei, seinem eigenen Gewissen zu folgen.
Die Meinungen von iskcon Anhaenern zu außenpolitischen Themen sind oft sehr unterschiedlich. Das hat keinen direkten Einfluss auf unsere spirituelle Zusammengehoerigkeit. Trotz eines breiten Spektrums unterschiedlicher persoenlicher Meinungen zu Themen wie Politik, Mode, Liberalität, Pazifismus un dvielem mehr gilt in iskcon die Regel "Einheit und in Vielfalt". Iskcon-Anheanger sind also keine homogene Masse sondern vertreten zu vielen praktischen Themen die unterschiedlichsten Meinungen und diskutieren diese auch oft sehr intensiv, wie man im web immer wieder sehen kann. Es geht ja im Krishna bewusstsein gerade darum, die persönliche Individualität anzuerkennen. Das wird auf der unreifen Stufe leider oft uebersehen. Es gibt aber viele verbindende elemente wie das Bemuehen um ethische Werte, Liebe zu Gott, Respekt vor dem leben, respekt vor der Natur, die Anwendung des vedischen Wissens fuer den modernen menschen und vieles mehr. .
Ich persönlich habe voruebergehend aufgehoert zu waehlen, weil alle mir bekannten gegenwaertigen Parteien in Deutschland einige wichtige Punkte im Parteiprogramm haben, die mir nicht gefallen. Da ist aber meine ganz eigene freie und moeglicherweise unvollkommene Entscheidung.
Dennoch kann ich persönlich an der jetzigen Außenpolitik der BRD keine echten Verfehlungen erkennen. Fuer die Bindung an die USA gibt es keine vernuenftige Alternative, und sie hat viele lebenswichtige Vorteile. Alles andere waere wirklichkeitsfremde Utopie. Ich kann nur immer wieder feststellen, dass ein Großteil der Außenpolitik der jetzigen regierenden Parteien von Realismus und vorsichtiger Zurueckhaltung bestimmt wird und kann daran nicht viel beanstanden, wenn man alle konkret vorhandenen Rahmenbedingungen in Betracht zieht und von Traeumereien Abstand nimmt. Auch wenn es leichter ist, immer auf die Politiker zu schimpfen, ich persoenlich habe großen Respekt fuer einige von ihnen, die diese zum Teil wirklich sehr schwierigen und undankbaren Aufgaben uebernehmen.
Wir sind besser damit beraten, wenn wir uns in konstruktiver Selbstkritik und im respektvollen Dialog mit allen relevanten gesellschaftlichen Institutionen ueben - Das ist meine persoenliche Meinung.
Generell kann man feststellen:
Iskcon ist eine spirituelle Bewegung, die sich aus der Politik weitestgehend heraushaelt. Und das ist gut so, aus vielerlei Gruenden, auf die ich hier nicht eingehen moechte.
Weiterhin laesst sich generell als Fakt feststelllen, das iskcon seit vielen jahren Bemuehungen um Dialog, Offenheit und Zusammenarbeit mit den massgeblichen gesellschaftlichen Kraeften der buergerlichen Mitte bemueht und dass iskcon sich vor langer Zeit dazu entschlossen hat, der Selbstkritik, den Bemuehungen um Transparenz in iskcon und der notwendiglkeit stetiger Verbesserung in der integration in die bestehende Gesellschaft weit mehr Raum einzuraeumen als irgendwelchen eventuellen Wehklagen ueber angebliche Verfehlungen von Politikern in Detailfragen, die nicht direkt die Grundrechte iskcons beruehren und fuer uns auch nicht sehr relevant sind.
Man wird als individueller Iskcon devotee eventuell wohl den Gang zur Wahlurne antreten wie die meisten anderen Buerger auch und dann vielleicht eher eine Partei waehlen, die sich für Umweltschutz und Vegetarismus einsetzt, aber dann hat die gleiche Partei vielleicht auch oft Punkte im Programm, die manchen von uns nicht gefallen, wie z.B. sehr freizuegige Abtreibungsgesetze oder menschliche Gen-Manipulation, religiöse Diskriminierung, oder ähnliches. Die ideale Kombination eines Parteiprogramms habe ich fuer mich noch nicht entdeckt und deshalb spare ich mir momentan karma, indem ich keinen waehle.
Sollten aber jemals radikale Parteien von rechts oder links zu viele Stimmen gewinnen, wuerde ich wahrscheinlich versuchen, dagegen zu halten und die Mitte zu staerken und trotz erkennbaren Unvollkommenheiten dennoch eine buergerliche Partei der Mitte waehlen, um zu helfen, das schlimmere Uebel zu verhindern.
Viel mehr kann man dagegen nicht tun, außer man will sich persoenlich politisch betaetigen, was natuerlich jedem freigestellt ist, solange man es nicht im Namen Iskcons tut. Iskcon ist nicht eine politische Bewegung sondern eine spirituelle Bildungsinstitution, die sich um Verstaendigung und Frieden zwischen den Menschen auf universaler spiritueller Grundlage bemueht.
Wir bieten bewaehrte Meditationstechniken und eine schlichte gesunde Lebensweise an, die dazu dienen, den Menschen bleibenden Frieden im Innern zu ermöglichen. Nur Menschen, die innerlich Frieden haben und lernen, ihre Sinne zu beherrschen, können langfristig eine friedliche Gesellschaft bilden, die mit Harmonie und Vernunft friedlich zusammenarbeitet. Denn die Kraft kommt ja aus der innerenen Ruhe und aus der Harmonie mit Gottes Schöpfung.
Meinungsunterschiede sind nicht an sich schlecht, sagte Srila Prabhupada einmal. Aus diesen Unterschieden können wichtige neue Erkenntnisse
entstehen, wenn die Menschen guten Willens sind und die Fehler nicht nur in den anderen suchen. Wir täten gut daran, mit gutem Beispiel voran zu gehen.