Yoga II: Grundlegendes
er moderne Mensch ist im allgemeinen nicht begeistert, wenn ihm geraten wird, seine Sinne zu kontrollieren und Askese zu üben. Das Missverständnis, das im allgemeinen besteht, ist, dass man denkt, Entsagung sei eine trockene Angelegenheit ohne Freude. Auf der anderen Seite flüchten viele angesichts des vielen Leids auf der Erde in die Philosophien des Nihilismus und der Leere. Man möchte mit nichts mehr etwas zu tun haben.
Es ist aber weder richtig, dass Entsagung eine trockene Angelegenheit sein muss, noch dass die Philosophie der Leere eine wirkliche Alternative zur Leiderfahrung ist. Das große Geschenk Shrila Prabhupada's an die Menschheit ist, dass er die ganze spirituelle Thematik aufgrund der überlieferten Schriften wieder zurechtgerückt hat:
Wie sieht es nun aber praktisch aus? Was kann man tun?
s
ist von großer Wichtigkeit, erst einmal zu sehen, wo man selber
steht. Shri Krishna möchte nicht, dass wir heuchlerisch einen Lebensstil
imitieren, der nicht mit unserer wirklichen Stellung übereinstimmt.
Shrila Prabhupada formuliert sehr klar:
Ein ehrlicher Straßenfeger ist weitaus besser als ein Scharlatan,
der nur meditiert, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Kommentar zur Bhagavad-
gita 3.7
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Im Folgenden möge nun ein Überblick gegeben werden über
Stufen des Bewusstseins und die Leiter des Bhakti-
yoga.
1) Gleichgültigkeit (Erscheinungsweise der Unwissenheit):
Lebensstil ohne Rücksicht auf Verluste, ohne klares Ziel
2) Leidenschaftlich sündhaft oder leidenschaftlich
im Einklang mit den Regeln:
Fruchtbringender Lebensstil mit dem Ziel, Reichtum, Ansehen, Erfolg
etc. zu erlangen; zwei Spielarten: entweder gesetzestreu oder gesetzwidrig
(sündhaft)
3) Tugend:
Frommer Lebensstil im Einklang mit den kosmischen Gesetzen
4) Transzendierender Lebensstil (Yoga):
Echte Yogapraxis hat zum Ziel, das weltliche Bewusstsein von Unwissenheit,
Leidenschaft und Tugend zu transzendieren. Der Yogi möchte das bedingte
Leben hinter sich lassen. Rupa Gosvami, der Leiter der Bhakti-
Tradition, gibt uns im 16. Jahrhundert folgende Yoga-Leiter
an die Hand:
- Vertrauen, dass der Yoga-Vorgang gut für uns ist
- Gemeinschaft mit fortgeschrittenen Yogis
- Einweihung in den Yoga-Vorgang
- Dienst nach Regeln und Regulierungen
- Stetigkeit im Dienst nach Regeln und Regulierungen
- Transzendentaler Geschmack im Dienst
- Starkes Hingezogensein zu Krishna und Seinem Dienst
- Ekstase
- Reine Liebe zu Gott
Wer mehr zum Themenbereich der Bhakti-
Yoga- Praxis wissen möchte, sollte
unbedingt das Buch "Der Nektar der Hingabe" lesen.
Was ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist
ie verschiedenen weltlichen Bewusstseinsstufen (Unwissenheit, Leidenschaft, Tugend) treten meist vermischt auf. Obwohl ein tugendhaftes Leben als Absprungbrett in die Transzendenz und in den Yoga-Vorgang besonders geeignet ist, können auch andere Menschen - ja sogar Tiere, Pflanzen und belebte Mineralien - dank der Barmherzigkeit Shri Chaitanyas in den Nektarozean der Liebe zu Krishna eintauchen, indem sie sich in der Gemeinschaft der Gottgeweihten aufhalten und den Vorgängen des Bhakti- yoga soweit wie möglich folgen.
In Indien sieht man beispielsweise bei Pilgermärschen manchmal Hunde,
die treu mitlaufen und sich zuweilen mit den Pilgern vor den Bildgestalten
Gottes verbeugen. Was zählt ist also die redliche Bemühung je nach
den Umständen, in denen man lebt.
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