Re: Wissenschaft + Bhagavad Gita
Geschrieben von Default am 17. April 2005 01:48:
Als Antwort auf: Re: Wissenschaft + Bhagavad Gita geschrieben von Parivadi das am 17. April 2005 00:29:11:
Sehr geehrter Parivadi das,
zuerst vielen Dank, für die schnelle Freischaltung und Antwort. Um trockene Diskussion geht es nicht. Und lassen wir auch die Debatte um die Mondlandungs-Verschwörungstheorie. Das führt wohl zu weit an dieser Stelle, so wichtig ist das auch nicht, glaube ich.
Natürlich haben sie recht, daß man praktisches Yoga sinnvollerweise von einem guten Lehrer lernt, der die Haltung korrigieren kann, und der dazu anleitet, eine gute Gesundheit auch in späteren Jahren zu erhalten. Daran besteht kein Zweifel.
Wenn ich mir nun aber die Bhagavad Gita oder das Srimad Bhagavatam ansehe, so ist dort zwar von einem Yoga-Weg die Rede, aber über praktische Yoga-Übungen wird dort kaum gesprochen. So fällt ins Auge, daß es hier eigentlich mehr um „geistige“ Dinge geht, bis hin zur Kosmologie. Stimmen Sie da zu?
Und dazu machte ich an mir selbst einige einfache
Beobachtungen:
Erleben
Das Wort „Erleben“ ist ein Begriff, von dem wir alle eine Vorstellung haben. Nun stellen Sie sich doch bitte einmal vor, Sie wollten jemandem erklären, was „Erleben“ ist. Vieleicht stellen Sie dann fest, daß die Sache „Erleben“ etwas ganz anderes ist als der Begriff, denn jeder Erklärungsversuch, den Sie unternehmen, gründet sich logischerweise auf irgendeine Vorstellung, sie wissen aber, daß „Erleben“ nun wirklich nichts mit irgendeiner Vorstellung zu tun hat. In diesem Falle (und auch in sehr vielen anderen Fällen) ist der Begriff etwas ganz grundsätzlich anderes, als die Sache selbst. Nehmen wir einmal an, Sie wollen in den Zustand des Erlebens kommen, und nehmen wir darüberhinaus an, sie haben die Vorstellung gewonnen, daß Ihnen dabei alle Vorstellungen im Wege sind. Was können Sie da tun ? Besonders dann, wenn Sie feststellen, daß Ihre Vorstellungen wichtig und unverzichtbar sind und Sie deshalb erkennen, daß dieselben nicht einfach vernichtet werden können ? Resignieren Sie dann, werden Sie dann depressiv ? Oder könnten Sie nicht einfach damit beginnen, ihre Vorstellungen zu erleben ?
Das Urteil
Wir alle, vor allem diejenigen von uns, die sich mit religiösen oder esoterischen Inhalten beschäftigen, sind von dem Wunsch beseelt, „bessere Menschen“ zu werden. Jedoch muß man sich in diesem Fall davor hüten, neue, größere Probleme zu erzeugen. Denn jemand, der ein besserer Mensch werden will, ist logischerweise mit sich selbst nicht zufrieden, was bedeutet, daß er sich selbst zumindest teilweise ablehnt, so wie er ist.
Aufgrund eines Ideals hat er sich ein Urteil über sich selbst gebildet. Er hat sich selbst verurteilt.
Und man verurteilt sich selbst weiterhin und ständig. Wenn man zum Beispiel agressiv ist, verurteilt man sich dazu, ruhig zu bleiben und gleichzeitig aber auch dazu, unter seiner unterdrückten Agression zu leiden, usw, usf.
Dann kommt jemand und sagt: Lebe im Hier und Jetzt! Das bedeutet: Kämpfe nicht gegen dich selbst, sei wach, beobachte dich, stelle deine Urteile, die Probleme erzeugen, in Frage.
Aber man tut sich schwer damit. Denn man ist an eine gewisse Denkweise gewöhnt, die unbeirrt fortgesetzt wird. Die Unzufriedenheit mit den eigenen Urteilen führt nun dazu, daß wir unsere eigenen Urteile verurteilen. Man verurteilt sich allen Ernstes dafür, daß man sich ständig verurteilt! Ist das nicht absurd?
Kann man stattdessen nicht aufhören, über sich selbst zu urteilen?
Muß man sich distanzieren von sich selbst, um sich ein Urteil zu machen?
Verlassen wir doch einfach dieses absurde Spiegelkabinett. Meinen sie nicht auch, daß wir auf der Suche nach uns selbst getrost das Licht im Spiegelkabinett ausmachen dürfen?
Für mich jedenfalls ergab sich daraus folgende Konsequenz:
Beobachte ihn genau,
ihn, den Beobachter,
welcher vorgibt dein Ich zu sein!
Und wisse,
alles was seine Arme tun,
stärkt nur ihn selbst.
Vermeide weitgehend
das Urteil
auch das Urteil zu verurteilen
denn vom Urteil nährt er sich,
ohne Urteil
ist er verschwunden.
Da lebte mal ein schlauer junger Mann, der meinte: Urteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden.
Über das Urteilsvermögen:
Die Urteilsfähigkeit ist mit Sicherheit die wichtigste und herausragendste Fähigkeit des Menschen. Sie ist die Grundlage unseres Verstandes, genau wie das Bit die Grundlage des Computers ist. Jemand, der eine Situation klar und gut beurteilen kann, wird immer im Vorteil sein. Das bleibt völlig unbestritten. Diese Fähigkeit muß auch nach bestem Wissen weiterentwickelt, und den Erfordernissen der neuen Zeit angepasst werden.
Das Beurteilen von sich selbst, genauso wie das Beurteilen von anderen Menschen, mit denen man direkt in Beziehung steht, bringt aber Probleme mit sich. Das Wälzen von Problemen dieser Art führt letztlich dazu, daß das Urteilsvermögen darunter leidet, und man gerät leicht in mehr oder weniger große Verwirrung.
Wenn man sich also in diesem Bereich des Urteils enthält, wird das Urteilsvermögen größer, so paradox das auch scheinen mag.
Ich erwähne das nur, um nicht mißverstanden zu werden.
Ich hoffe, das ist kurz und klar gesagt. Ist da nicht ein Körnchen Wahrheit dran?
liebe Grüße,
Hare Krishna