Bhakti-Yoga-Fernkurs
2. Arten
von Wissensaneignung und Mängel der bedingten Lebewesen
hrila
Prabhupada erklärt in der Einleitung zur Shri Isopanishad, dass
es grundlegend drei Wissensquellen gibt:
- pratyaksha - direkter Sinneseindruck
- anumana - gedankliche Spekulation
- sabda - transzendentaler Klang
zu 1.: Viele Menschen sagen, sie glaubten nur das, was
sie sehen. Sie halten somit den direkten Sinneseindruck für die
einzig verlässliche Methode, sich Wissen anzueignen. Obwohl die
direkte Sinneswahrnehmung unverzichtbar für unser Leben ist, hat
sie doch ihre klaren Grenzen. Selbst mit Hilfe der modernsten Technik
ist es zum Beispiel bis heute nicht möglich, sich ein eindeutiges
Bild über die Struktur des Universums oder der Materie zu verschaffen.
Fachleute benutzen in dieser Situation Redewendungen wie "wir gehen
davon aus" oder "es könnte sein". Die Wahrnehmungen reichen nicht
aus, klare Antworten auf die Grundfragen des Lebens und des Universums
zu geben.
zu 2.: Eine wichtige Form, Wissen zu gewinnen, besteht
darin, Schlussfolgerungen aus bestimmten Wahrnehmungen zu ziehen.
Beispielsweise schlussfolgern Archäologen die Entstehung der verschiedenen
Lebensarten aus Knochenfunden. Allerdings werden die Theorien ständig
verändert, da immer wieder Funde auftauchen, die nicht in das gültige
Weltbild passen. Es ist auch gängige Praxis, Funde zu unterdrücken,
die der vorherrschenden Weltanschauung widersprechen. In diesem
Zusammenhang darf auf das Buch "Verbotene Archäologie" von Michael Cremo und Richard L. Thompson verwiesen werden. Schlussfolgerungen erweisen sich nicht selten als falsch, aber dennoch sind sie im praktischen Leben oftmals nützlich.
zu 3.: Transzendentaler Klang geht direkt von der höchsten
Wissensquelle, Gott, aus ("Am Anfang war das Wort"). Solche Informationen
nennt man offenbartes Wissen. Es gibt verschiedene Linien, wie uns
dieses Wissen erreicht. In der vedischen Tradition gibt ein Emfänger
des Wissens dieses an seine Schüler weiter. Wenn sich die Schüler
als Meister qualifizieren, können sie ihrerseits das Wissen wieder
an ihre Schüler weiterreichen und so weiter. Auf diese Weise kommt
das göttliche Wissen über sogenannte Schülernachfolgen - in Sanskrit
sampradayas - zu uns. Natürlich können sich auf diesem Weg
Fehler einschleichen. Das offenbarte Wissen selbst enthält daher
Regeln, wie das Wissen auf autorisierte Weise weitergegeben werden
soll, nämlich vom qualifizierten Empfänger (spiritueller Meister
oder guru) zum qualifizierten Schüler. Sowohl der Meister
als auch der Schüler müssen Eigenschaften aufweisen, die eine Verfälschung
des Wissens unwahrscheinlich machen, z.B. müssen sie den Grundsatz
der Wahrhaftigkeit beachten. Es lässt sich jedoch nicht vermeiden,
dass solche Schülernachfolgen dennoch einmal versagen. Wenn keine
intakten Schülernachfolgen mehr auf der Welt vorhanden sind, dann
greift Gott persönlich ein und offenbart wieder das wirkliche Wissen,
das ernsthaft Suchende benötigen.
Dies geschah zum Beispiel vor rund 5000 Jahren auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra, als Shri Krishna direkt Seinen Freund und Schüler Arjuna in transzendentalem Wissen unterwies. Wir kennen diese Unterweisungen glücklicherweise als die Bhagavad-gita.
Wir können die Bhagavad-gita nun dank der Schülernachfolge und vor allem dank der Aktivitäten von His Divine Grace A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada selbst auf ihren Wahrheitsgehalt testen, indem wir unser Leben entsprechend gestalten. Dann werden wir sehen, ob wir durch die Anwendung dieses wirklichen Wissens tatsächlich glücklicher, zufriedener und erleuchteter werden. Dies kann uns niemand abnehmen. Das ist eine Aufgabe für uns ganz persönlich (s. Fernkurs, Teil 1) und auch das Urteil müssen wir uns selber bilden. Die Wissenschaft des Bhakti-yoga ist praktisch, das heißt, sie wird durch Praxis verwirklicht. Es handelt sich nicht um blinden Glauben.
Zum Ausklang möchten wir noch auf die vier Mängel des
bedingten Lebewesens eingehen, um uns darüber klar zu werden, dass
ein Lebewesen auf sich gestellt nicht fähig ist, die absolute Wahrheit
zu verbreiten; wie das Sprichwort sagt "niemand hat die Wahrheit
für sich gepachtet!" Obwohl es die absolute Wahrheit gibt, kann
niemand ohne göttliche Autorität diese sozusagen aus dem Bauch heraus
von sich geben. Warum?
Die Vedas zählen vier grundlegende Mängel des individuellen
Lebewesens auf, nämlich
- Fehlbarkeit (brama)
- unvollkommene Sinne (karanapatava)
- Täuschung (pramada)
- Betrug (vipralipsa)
zu 1.: Das Lebewesen ist fehlbar, oder anders ausgedrückt,
es macht Fehler, verwechselt manchmal Dinge, bringt sie durcheinander
etc.
zu 2.: Das Lebewesen hat unvollkommene Sinne. Wir wissen
zum Beispiel nicht, ob auf entlegenen Sternen dieselben Naturgesetze
vorherrschen wie hier bei uns, obwohl dies von Wissenschaftlern
gerne als selbstverständlich hingestellt wird. Wir können uns nicht
in die Wahrnehmungswelt anderer Lebewesen hineinversetzen etc.
zu 3.: Wir täuschen uns auch recht gerne über die Tatsachen
hinweg. Das klassisch vedische Beispiel ist die Verwechslung eines
Seiles mit einer Schlange.
zu 4.: Das Lebewesen neigt dazu - meist aufgrund des
Wunsches nach Ansehen - mehr vorzugeben, als wirklich dahinter steckt.
Gerade in der Kosmologie und Teilchenforschung ist die Versuchung
für die Wissenschaftler sehr groß, mit schönen Wortkombinationen
die Zuhörer beeindrucken zu wollen. Und auch das Feld der Esoterik
bietet einen fast unbegrenzten Raum für persönliche Selbstdarstellungen
und Egotrips. Gerade hier ist ein umsichtiges und kritisches Unterscheidungsvermögen
vonnöten.
Zusammenfassung von Teil 2:
owohl
direkte Sinnenwahrnehmung, als auch Schlussfolgerungen (Logik) haben
ihre Berechtigung bei der Suche nach Wahrheit, jedoch sind wir auf
transzendentales offenbartes Wissen angewiesen, um einen sicheren
Stand zu gewinnen, da sowohl Sinnenwahrnehmung als auch Logik den
Wellen der sich stets verändernden materiellen Situation unterworfen
sind. Sicherheit und Standfestigkeit im Yoga gewinnen wir, wenn
wir offenbartes Wissen in unserem Leben anwenden und selbst sehen,
dass es die versprochenen Wirkungen hat. Dies ist echte Wissenschaft.
Falsche Wissenschaft ist, wenn - wie es Shrila Prabhupada ausdrückt
- Schecks auf die Zukunft ausgestellt werden. Zum Beispiel: "In
ca. 20 bis 30 Jahren werden wir imstande sein, mittels der Gentechnik
die schlimmsten Krankheiten zu heilen."
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