Einblick VIII: Shri Chaitanya - Der Avatara der Gottesliebe
Die Bhagavatam- Schule lehrt, dass Gott
je nach Zeitalter und Umständen Selbst oder in verschiedenen Erweiterungen
in dieser Welt erscheint, um bestimmte Missionen vorzunehmen. Auch
erscheinen Seine Geweihten in dieser Welt, um bestimmte Aufträge
auszuführen.
Shri Chaitanya ist für die Gläubigen Shri Krishna, die
Höchste Person Selbst. Für sein Erscheinen werden zwei Hauptgründe
angegeben, nämlich ein äußerer und ein innerer Grund:
1. Der äußere Grund ist die Neuoffenbarung des Sankirtan-
Opfers (sankirtan- yajna).
Chaitanya führt den Opfervorgang für das Kali-
Yuga ein, nämlich das Chanten (Singen, Durchdenken, Beten)
der heiligen Namen Gottes. Dieser einfache Opfervorgang reinigt
das Herz von allen seit unvordenklichen Zeiten angesammelten Unreinheiten
und ermöglicht dem Lebewesen, die Gegenwart Gottes direkt zu erfahren.
harer nama harer nama
harer namaiva kevalam kalau
nasty eva nastya eva
nastya eva gatir anyatha
"In diesem Zeitalter des Streites
und der Heuchelei gibt es nur noch ein wirksames Mittel, die
Befreiung zu erlangen, nämlich das Chanten der heiligen Namen
des Herrn. Es gibt keinen anderen Weg. Es gibt keinen anderen
Weg. Es gibt keinen anderen Weg."
Brihad-naradiya Purana (3.8.126)
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Dieser Vers kommt mit Shri Chaitanya zur vollen Geltung.
Die dreifache Wiederholung soll uns eindringlich darauf
hinweisen, dass dieses Chanten tatsächlich nun der im allgemeinen
einzig gangbare Weg aus der Sackgasse des Materialismus ist.
Das Chanten war selbstverständlich auch in den anderen
Zeitaltern wirksam, wird aber von Shri Chaitanya nun besonders für
das Kali- Yuga eingeführt. Shri Chaitanya
wird daher als Kali- Yuga-
Avatara bezeichnet.
Shri Chaitanya schrieb selbst keine Abhandlungen, sondern
lehrte verbal. Es gibt nur ein einziges förmliches Gebet, welches
Er verfasst hat, nämlich die Shikshashtaka- Verse.
Sie weisen ebenfalls auf die Wichtigkeit des Chantens hin.
2. Der innere Grund des Erscheinens von Shri Chaitanya
ist äußerst esoterischer Natur und kann hier in dieser kurzen Abhandlung
nur angerissen werden. Er ergibt sich ebenfalls aus dem vorher erwähnten
Shikshashtaka- Gebet:
Shri Chaitanya ist niemand anders als Shri Krishna Selbst,
der in die Welt kommt, um die Gefühle reiner Gottesliebe zu erfahren,
die Seine reinen Geweihten unentwegt kosten dürfen. Er spielt sozusagen
einen reinen Geweihten des Herrn und erfährt dabei die Ekstasen
der Gottesliebe, die normalerweise den Gottgeweihten vorbehalten
sind. Insbesondere möchte Er den Nektar kosten, der von Shri Krishnas
ewiger Beigesellter Shrimati Radharani (kurz Shri Radha) ewiglich
erfahren wird. Radha-Krishna ist das ewig göttliche Paar und Shri
Chaitanya ist Shri Krishna in der Gemütsstimmung
von Shrimati Radharani.
3. Shri Chaitanya war darüber hinaus ein großer Reformer,
denn er trat gegen das Kastensystem auf. Auch lehnte er jede Form
von Rassismus ab und predigte die Gleichheit aller Lebewesen vor
Gott. Einige Seiner Hauptgeweihten waren Moslems, herausragend unter
ihnen z. B. Haridasa Thakura, der von Shri Chaitanya zum Hauptprediger
der heiligen Namen auserwählt wurde. Religion, Geschlecht, Abstammung,
Nationalität etc. sind keine Kritierien für die Erlangung von Gottesliebe.
In nur 48 Jahren Seines sichtbaren Wirkens und während einer Pilgerreise
durch ganz Indien verstärkte er die Bhakti- Tradition
in erstaunlicher Weise. Der Hare- Krishna-
Mantra ist nunmehr rund um die Welt bekannt geworden, was
Shri Chaitanya bereits vorausgesagt hatte. In Mayapur/
Indien, dem Erscheinugsort Shri Chaitanyas errichtet die
Internationale Gesellschaft für Krishna- Bewusstsein
(ISKCON) ein umfangreiches Weltzentrum der Bhakti-
Tradition.
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